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Je mehr man heizte, desto mehr Geld floss

NORDIRLAND „Cash for ash“: Regierungskrise nach umstrittenen Subventionen. Vizepremier tritt zurück

DUBLIN taz | Nordirlands Mehrparteienregierung steht vor dem Ende: Nachdem der stellvertretende Premierminister Martin McGuinness von der Partei Sinn Féin am Montagnachmittag überraschend seinen Rücktritt erklärt hat, ist auch die Regierungschefin Arlene Foster von der Democratic Unionist Party (DUP) ihren Posten los. Dies ist eine Folge des komplizierten lokalen Regierungssystems, das nach dem nordirischen Friedensabkommen von 1998 entstand. McGuinness begründete seinen Rücktritt mit „Verschwendung öffentlicher Gelder, Fehlverhalten und Korruption“ des Koalitionspartners.

Hintergrund: 2012 – als die heutige Premierministerin noch Unternehmensministerin war – hatte sie ein Programm eingeleitet, mit dem Unternehmen und Bauern animiert werden sollen, ihre Heizung auf erneuerbare Energien umzustellen. Seitdem erhalten sie für jedes Pfund, das sie ausgeben, einen Zuschuss in Höhe von 1,60 Pfund.

Je mehr man also heizt, desto mehr Geld fließt. Die Regierung hat keine Obergrenze festgelegt. Viele Nordiren verwandelten ihre Gebäude daraufhin praktisch in Saunen. Ein Bauer hat zum Beispiel eine leere Scheune geheizt und dafür eine Million Pfund eingestrichen. Am Ende der Laufzeit von 20 Jahren wird das Programm eine halbe Milliarde Pfund Steuergelder verschlungen haben.

Nicht nur Sinn Féin, sondern auch die anderen Parteien hatten Foster wiederholt aufgefordert, vorübergehend zurückzutreten, während sich eine unabhängige Untersuchung mit „cash for ash“ (Bares für Asche), wie das Programm spöttisch genannt wird, beschäftigt. Foster bezeichnete die Forderung als frauenfeindlich und wies sie zurück.

Sinn Féin müsste binnen einer Woche einen Ersatz für McGuinness nominieren, doch damit ist nicht zu rechnen. „Wir benötigen Neuwahlen, um es den Menschen zu ermöglichen, ihr Urteil über diese Angelegenheiten an der Wahlurne zu fällen“, sagte der Politiker in seiner Rücktrittserklärung.

Die Fronten sind verhärtet

An der politischen Landschaft Nordirlands werden Neuwahlen wenig ändern. Die DUP und Sinn Féin dürften stärkste Parteien bleiben. Und: Bei den verhärteten Fronten könnte es Monate bis zur Bildung einer neuen Regierung dauern.

McGuinness war seit fast zehn Jahren im Amt. Bei den Friedensverhandlungen spielte er eine entscheidende Rolle. Ohne ihn hätte die inzwischen aufgelöste Irisch-Republikanische Armee (IRA), die für Unabhängigkeit von London kämpfte, nicht mitgemacht. McGuinness war von 1971 bis 1973 stellvertretender IRA-Kommandant in Derry, Nordirlands zweitgrößter Stadt.

Regierungsentscheidungen können in Belfast nur mit einer Mehrheit auf beiden Seiten – also der katholisch-nationalistischen und der protestantisch-unionistischen – getroffen werden. Hoheitsaufgaben wie Verteidigung, Außenpolitik und Steuergesetze sind der britischen Zentralregierung überlassen, doch für fast alle anderen Bereiche sind die Politiker der Provinz zuständig.

„Cash for ash“ war der Tropfen, der das Fass für Sinn Féin zum Überlaufen brachte. Sie war von der Partei der Premierministerin in den letzten Monaten immer wieder brüskiert worden. „Heute ist der richtige Zeitpunkt, um der Arroganz der DUP Einhalt zu gebieten“, sagte McGuinness, der unter einer seltenen Herzschwäche leiden soll, wie britische Medien berichten. Der Politiker betonte, seine Krankheit habe nichts mit seiner Entscheidung zu tun. Ob er bei Neuwahlen wieder kandidieren wird, ließ er offen. Ralf Sotscheck

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