DIE GESELLSCHAFTSKRITIK: Let's Wait Awhile
WAS SAGT UNS DAS? Einst machte Janet Jackson „baby making music“. Nun machte sie ein Baby, mit 50
Sie ahnen nicht, wie viele Leute mich ansprechen und sagen: ‚Dieses Kind wurde zu deiner Musik gezeugt‘“, erzählte Janet Jackson noch vor knapp zehn Jahren stolz zum Erscheinen ihres vorletzten Albums, „Discipline“. Disziplin, dafür steht Janet Jackson mit Haut und Haaren: 11 Studioalben, 13 Nummer-1-Platzierungen, 160 Millionen verkaufte Platten und ein Waschbrettbauch wie aus dem Bilderbuch dürften sicher viel Schweiß und Energie gekostet haben. So viel, möglicherweise, dass Janet Jackson die eigene Familienplanung zunächst vertagte, um der Welt einen selbstlosen Dienst zu erweisen: die Fortpflanzung anderer antreiben, mit sanfter, einfühlsamer, stimulierender baby making music. Frei nach ihrem Hit von 1987: „Let’s Wait Awhile“.
Nun aber schien es an der Zeit. Die R&B-Göttin, die beim Superbowl 2004 mit dem Nippelgate für großen Aufschrei bei prüden TV-Zuschauern und eine massiv erhöhte Nachfrage nach Brustwarzenpiercings sorgte, hat ihr erstes Baby zur Welt gebracht. Mit 50! Das sorgt natürlich für Schlagzeilen. Obwohl, „natürlich“ ist das eigentlich überhaupt nicht. Denn im Jahr 2017 sollte es keine Überraschung mehr sein, dass auch Frauen jenseits der 45 sich noch für ein Leben mit Kind entscheiden (können), siehe: US-Schauspielerin Halle Berry, die mit 47 einen Jungen bekam, oder Sängerin Gianna Nannini, die mit 54 zum ersten Mal Mutter wurde.
Es ist ein empowerndes Zeichen, das Ikonen wie Jackson damit setzen. Denn Reproduktion stand der Emanzipation schon seit der Steinzeit im Weg und ist womöglich der beschissenste Selbstverwirklichungshemmer. Zumindest für Frauen, die sich nicht partout gegen das Austragen eines Babys entscheiden wollten, sich in ihren 20ern und 30ern aber trotzdem erst einmal anderen Lebensbereichen widmen. Das Vorurteil, späte Geburten würden unweigerlich zu Komplikationen führen, streift sich Jackson locker von der Schulter. Die Geburt von Sohn Eissa, ließ sie durch ihren Sprecher nämlich mitteilen, sei völlig „stressfrei“ verlaufen. Eine Frage aber steht noch im Raum: Was lief durch Janet Jacksons Lautsprecher, als Eissa gezeugt wurde? Janet Jackson? fay
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