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Bounce that ass

Sexismus Das Modelabel Naketano bewirbt seine Klamotten mit frauenfeindlichen Produktbezeichnungen. Die Onlinehändler verschweigen die Namen zum Teil

von Lisa-Marie Davies

Das Modelabel von Sascha Peljhan und Jozo Lonac vertreibt vegane Straßenkleidung. In einer Stellenausschreibung auf ihrer Homepage schreiben die Macher, dies sei die neue Mode für junge, selbstbewusste Menschen in guter Qualität.

Naketano, der Name der 2006 gegründeten Firma mit Sitz in Essen, erinnert an Nacktheit. Daran lehnen sich auch die Artikelbezeichnungen an: „Italienischer Hengst“, „Muschiflüsterer“, „Schnellbumser“, oder „I love my penis“ lauten die für Männerbekleidung und „Versehentlich reingesteckt“, „Glitzermuschi“, „Bounce that ass“ oder „Spreiz mal mit Gemütlichkeit“ für Frauenoberteile.

Was ist das? Ein pubertäres Spiel? Wer in der Öffentlichkeit am lautesten Penis ruft, hat gewonnen? Oder doch eher Sexismus und Vergewaltigungsanspielungen als neue Verkaufsmasche?

Zweifellos: Die Artikelbezeichnungen Naketanos provozieren. „Brave new word“ lautet der Claim, der unter dem Markennamen auf der Webseite steht. Genau betrachtet sind diese Artikelbezeichnungen aber alles andere als progressiv, oder gar mutig. Stattdessen perpetuieren sie alte Rollenbilder vom Geschlechtsverkehr, der aus dem sexuell aktiven und dominierenden Mann besteht („Supapimmel“, „Hengst“), der sich von der passiven und zu bezwingenden Frau („Spreiz mal mit Gemütlichkeit“) nimmt, was ihm gefällt – ob sie das nun möchte, oder nicht („until the pain starts“).

„Die Produktnamen sind Ausdruck unserer künstlerischen Freiheit“, schreiben die Macher auf ihrer Webseite unter den FAQs. Soll also heißen: Alles nicht so ernst gemeint. Ist doch nur Spaß – oder Kunst. Wirklich? „Künstlerische Freiheit“ ist in diesem Zusammenhang ein großes Wort. Wer die Namen kritisiert, stellt den Spielraum von Künstler*innen in Frage. So wird jede Kritik sofort zur Zensur. Aber sind Modedesigner*innen, zumal solche, die keine Haute Couture entwerfen, sondern Massenware für den Durchschnittsjugendlichen, wirklich als Künstler anzusehen? Ein netter Versuch sich von vornherein gegenüber jeglicher Kritik zu immunisieren.

Naketano spricht zudem eine kniffelige Zielgruppe an: Kund*innen, die insofern cool sein wollen, als sie wissen, dass man heute vegane Ökomode trägt, die aber offenbar (noch) so pubertär sind, dass sie sich über Fäkalsprache und sexistische Witze kaputtlachen können. Oder aber Erwachsene, die sich für cool halten, es sich aber nicht nehmen lassen wollen, ab und an verbal einen rauszuhauen. Das Problem ist: Die Grenzen zwischen diesen Zielgruppen sind fließend – und das ist das gefährliche daran.

Ist das Naketano-Outfit also die neue Uniform für den Kampf gegen das Gendermainstreaming? Für all jene, die zum Dunstkreis der Identitären gehören wollen, zu einer Szene, in der Political Correctness als Schimpfwort gilt, und die sich eine Welt zurücksehnen, in der die Geschlechterrollen noch klar definiert waren und deshalb alles in bester Ordnung? Oder sind diese Produktbezeichnungen gar ein erstes Anzeichen dafür, dass sich die Grenzen des Sagbaren mit dem populistischen Diskurs von rechts längst verschoben haben?

Was Betroffene ­sexualisierter Gewalt dabei fühlen, interessiert nicht

Sexismus und sexualisierte Gewalt sind immer noch Teil der gesellschaftlichen Realität in Deutschland. Fast jede siebte Frau erlebt in ihrem Leben sexualisierte Gewalt. Gleichzeitig gibt es nur wenig kritisches Bewusstsein für diese Realität. Diese gesellschaftliche Verfasstheit mag der Grund sein, weshalb die Artikel Naketanos in nahezu allen größeren Onlineshops erhältlich sind.Sportschecks firmeninterne Regeln besagen zwar, dass Artikelbezeichnungen keinesfalls diskriminieren oder feindlich sein dürfen. Statt die Produkte aber einfach nicht anzubieten, hat der Onlinehändler die Eigenbezeichnungen von Naketanoprodukten auf der Homepage einfach durch eigene Produktbeschreibungen ersetzt.

Peek & Cloppenburg hat sich dazu entschieden, die Produkte Naketanos einfach ohne die Artikelbezeichnung zum Verkauf anzubieten. So konsequent, die Marke aus dem Sortiment zu nehmen, sind sie nicht. Was Betroffene sexualisierter Gewalt dabei fühlen, denken und dazu zu sagen haben, interessiert nicht. Ebenso wenig, wie die Tatsache, dass Artikelbezeichnungen, die sexualisierte Gewalt als Witz verharmlosen, ein gesellschaftliches Klima schaffen oder zumindest beibehalten, in dem solche Straftaten erst geschehen.

Wie das Unternehmen zu all dem stehen, ist nicht bekannt. Ein Gespräch mit der taz lehnten die Macher ab. Mit der Presse spreche man generell nicht, hieß es dort.

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