Porträt des polnischen Botschafters: Philosoph auf Abwegen

Als Botschafter in Berlin soll Andrzej Przyłębski, die Interessen Polens vertreten. Jetzt sitzt er tief in den Nesseln.

Der polnische Botschafter sitzt vor einer polnischen und einer EU-Flagge

Vom Philosoph zum Botschafter: Andrzej Przyłębski Foto: Polnische Botschaft Berlin

WARSCHAU taz | Professor Andrzej Przyłębski könnte stolz sein auf seine wissenschaftliche Bilderbuchkarriere. Schon als Student befasste sich der heute 58-jährige Pole mit der Philosophie Martin Heideggers, schrieb als Humboldt-Stipendiat in Heidelberg seine Habilitations-Schrift, „Auf der Suche nach dem Königreich der Philosophie“. Er bekam ein Forschungsstipendium in Berlin, ein weiteres in Wien, wurde Professor an der Adam-Mickiewicz-Universität in Poznań (Posen).

Doch immer wieder zog es den Wissenschaftler auch in die Diplomatie. Von 1996 bis 2001 war Przyłębski Botschaftsrat an der Botschaft Polens in Deutschland, danach Philosophie-Professor an der Technischen Universität Chemnitz, und seit dem Juli 2016 ist er nun wieder in Deutschland – diesmal als Botschafter Polens in Berlin. Doch als Diplomat legte Przyłębski nicht nur einen Fehlstart hin, indem er gleich als Erstes Journalisten, Verfassungsrichter, Politiker und Kinobetreiber für ihre angebliche Einmischung in polnische Angelegenheiten maßregelte.

Schlimmer noch war, dass er von der taz und der Berliner Zeitung die „Richtigstellung“ eines durchaus richtig wiedergegebenen Zitats verlangte. In einer internen Bewertung der bisherigen Arbeit und der Zielvorgaben des Polnischen Instituts in Berlin hatte er angemahnt, dass das Institut „es mit der Hervorhebung des polnisch-jüdischen Dialogs nicht übertreiben“ solle.

Kurz nach seiner Kritik an den Zielvorgaben des Polnischen Kulturinstituts in Berlin wurde Katarzyna Wielga-Skolimowska, die allseits geschätzte Instituts-Direktorin, fristlos entlassen. Eigentlich lief ihr Vertrag noch bis zum Sommer 2017.

Keine Solidarität mit Zygmunt Bauman

Ein offizieller Entlassungsgrund wurde nicht angegeben, und auch Botschafter Przyłębski stritt nur ab, dass seine Kritik etwas mit der Entlassung zu tun habe, ohne aber deutlich zu machen, worum es denn dann gehe.Es ist nicht das erste Mal, dass sich Przyłębski mit einer Äußerung zu einem jüdischen Thema tief in die Nesseln setzt. 2013 hatten Anhänger der rechtsradikalen Partei „Nationale Wiedergeburt Polens“ antisemitische und antikommunistische Parolen gegrölt, um den Vortrag des weltweit renommierten Soziologie-Professors Zygmunt Bauman an der Universität Breslau zu verhindern.

Statt sich auf die Seite des verunglimpften jüdischen Kollegen zu schlagen, verteidigte Przyłębski in einem Schreiben an die Fachzeitschrift Information Philosophie die angeblichen Studenten. Diese hätten, so Przyłębski, „mit Recht“ gegen Bauman protestiert. Schließlich sei Bauman nach dem Krieg ins KBW (Korps der inneren Sicherheit) eingetreten, einem, so Przyłębski, „SS-ähnlichen Einsatzkommando“.

Der ganze Text der Stellungnahme des Botschafters auf deutsch gibt es hier, in polnischer Sprache hier.

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