Vor der Wahl in Frankreich: Postenwechsel in Paris

Cazeneuve ersetzt Valls als Regierungschef. Der will Frankreichs Linke vor dem Debakel retten. Für viele aber verkörpert er die Politik Hollandes.

Vier französische Politiker, in der Mitte Hollande

Alte und neue Führungsköpfe: François Hollande zwischen Manuel Valls und Bernard Cazeneuve Foto: reuters

PARIS taz | Der französischer Innenminister Bernard Cazeneuve wird neuer Regierungschef. Der bisherige französische Premierminister Manuel Valls will hingegen nach François Hollande Präsident werden. Er hat am Montagabend seine Kandidatur offiziell angemeldet und zugleich seinen Rücktritt angekündigt. Für seinen Auftritt hatte der 54-jährige Sozialist sein Heimpublikum in der Pariser Vorstadt Evry gewählt. Dort war er während elf Jahren Bürgermeister gewesen. Hinter seinem Rednerpult waren als Kulisse seine Sympathisanten zu sehen: Menschen verschiedenen Alters, verschiedener Hautfarbe und Herkunft. Das soll das Bild der Nation darstellen, wie er sich diese in ihrer multikulturellen Zusammensetzung vorstellt und deren Führung er als Kandidat der weltlichen Linken übernehmen möchte.

Den nötigen Ehrgeiz und die erforderliche Erfahrung hat Valls bestimmt. Im Unterschied zu anderen Spitzenpolitikern hat er „nur“ einen Uni-Abschluss in Geschichte, aber kein Diplom der Pariser Eliteschulen. Manuel Valls ist 1962 in Barcelona als Sohn eines katalanischen Malers und einer Tessinerin auf die Welt gekommen. Er wurde 1982 in Frankreich eingebürgert. Der Weg an die Spitze der Macht dürfte für den gebürtigen Katalanen und FC-Barcelona-Fan zu einem Hindernislauf mit ungewissem Ausgang werden. Für die meisten seiner Landsleute verkörpert er vor allem die vier zurückliegenden Jahre der Präsidentschaft des unpopulären François Hollande.

Das ist ein nicht zu unterschätzendes Handikap. Valls war 2012 zuerst Innenminister, und ab März 2012 Regierungschef. Er hat die liberale Wende unter Hollande und die autoritäre Sicherheitspolitik wesentlich mitgeprägt. Valls gehört von Beginn weg zum rechten, eher sozialliberalen Flügel der Partei. Schon früh hatte er zu Beispiel verlangt, Frankreich müsse über die 35-Stundenwoche hinaus kommen. Heute verspricht er, das Sozialmodell zu bewahren und zu modernisieren. Auf Kritik von links hatte er erwidert, es gebe Differenzen, die unvereinbar seien. Dennoch möchte er heute im Namen gemeinsamer Grundwerte die Gegner von gestern mit seiner Ambition versöhnen und laut seinem Slogan „zum Sieg führen, was uns vereint“.

Dass Valls als Kandidat der gemeinsame Nenner dieser in Clans zerstrittenen Linken sein soll, ist vor allem für den linken Flügel der Sozialisten alles andere als evident. Immerhin ist Valls Favorit bei den von den Vorwahlen, mit denen die Sozialisten und ihre Sympathisanten im Januar einen gemeinsamen Präsidentschaftskandidaten nominieren sollen. Laut einer am Sonntag publizierten Umfrage liegt er vor den beiden Linkssozialisten Arnaud Montebourg (25 Prozent) und Benoît Hamon (14 Prozent) und vier weiteren Bewerbern mit 45 Prozent der Stimmen in diesem internen Wettbewerb klar vorn. Andere wie Jean-Luc Mélenchon (Linkspartei), der parteilose Exminister Emmanuel Macron oder der Grüne Yannick Jadot boykottieren diese Vorausscheidung und gehen direkt in die Präsidentenwahl.

Aufgrund der absehbaren Überzahl von Kandidaturen hat die Linke geringe Chancen, für die zweite Runde qualifiziert zu werden. Das sei „nirgends geschrieben“, ebenso wenig wie der gegenwärtig prophezeite Sieg des Konservativen François Fillon oder ein Platz im Finale für die Rechtsextremistin Marine Le Pen, meint Valls, der mit seiner Zuversicht gegen den Fatalismus in den Reihen der linken Wählerschaft ankämpft. Er sagt, er habe „die Kraft dafür“. In seiner Kampagne muss er beweisen, ob er auch die Argumente findet, um die Skeptiker in den eigenen Reihen zu überzeugen.

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