Rudolf Balmer über die Urwahl der französischen Konservativen: Frührente für Sarkozy
Die Devise „Tout sauf Sarkozy“ (Alles, bloß nicht wieder Sarkozy!) hat funktioniert. Vor allem dank der Beteiligung zahlreicher Linkswähler an diesen Vorwahlen der bürgerlichen Rechten sind die großspurigen Ambitionen des Expräsidenten nur noch ein Scherbenhaufen.
Nicolas Sarkozy wollte ins Élysée zurückkehren – und ist nun als Dritter in der ersten Runde gescheitert. Nicht nur wegen seiner umstrittenen Persönlichkeit und der diversen Finanzaffären und Ermittlungen, sondern auch wegen der Bilanz seiner Präsidentschaft 2007 bis 2012. Sein eigenes Lager schickte ihn deswegen in die Frührente.
Auch im rechten Lager wollten viele nicht mit Sarkozy eine weitere Niederlage riskieren, jetzt, wo angesichts der Vertrauenskrise der Sozialisten und ihres unbeliebten Staatschefs François Hollande der Sieg bei den Präsidentschaftswahlen im Frühling 2017 zum Greifen nahe scheint. Das Votum für François Fillon, der alle Aussichten hat, am kommenden Sonntag zum Präsidentschaftskandidaten des bürgerlichen Lagers erkoren zu werden, bedeutet aber auch eine politische Rechtswende.
Mit seinem wirtschaftsliberalen Credo will der ehemalige Premierminister, der bereits 2007 Frankreich „am Rande des Ruins“ sah, in fünf Jahren 500.000 öffentliche Stellen abbauen und die wöchentliche Arbeitszeit von 35 auf 39 Stunden erhöhen. Dafür will er die Vermögensteuer abschaffen. Wollen das auch die Franzosen und Französinnen, die sich gern und laut für einen Wechsel aussprechen und darum vielleicht Fillon den Vorzug gegeben haben?
Die Nominierung von Fillon ist eine Herausforderung für die Gegner einer solchen Politik des sozialen Abbaus. Einen gemeinsamen Kandidaten oder eine Kandidatin aber haben diese nicht. Die Linke ist gespaltener denn je. Mit der großen Beteiligung an den Primärwahlen hat die konservative Rechte in Frankreich vorerst die Dynamik auf ihrer Seite.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen