Amerikanischer Albtraum

So lange hat sie gekämpft – und wieder verloren. In der Wahlnacht schafft es Hillary Clinton nicht, vor ihre AnhängerInnen zu treten

Ihr Abscheu vor Clinton ist größer

CHINA Obwohl Trump hohe Zölle gegen chinesische Importe angedroht hat, freut sich Pekings Führung über den Wahlsieg des Republikaners. Trumps Isolationismus könnte China zum Vorteil geraten

PEKING taz | In den USA war Donald Trumps Wahlsieg noch gar nicht offiziell verkündet, da preschte das chinesische Staatsfernsehen bereits vor und beglückwünschte ihn als künftigen US-Präsidenten. „China freut sich auf die Zusammenarbeit mit der künftigen US-Regierung und setzt auf neue bilaterale Beziehungen, von denen beide Länder und die ganze Welt profitieren werden“, hieß es in einer kurzen Erklärung des chinesischen Außenministeriums.

Was wird aus dem Klimakompromiss mit den USA?

Steckt dahinter Wunschdenken, oder fehlt es der Führung in Peking gar an Urteilsvermögen? Immerhin hatte Trump gleich zu Beginn seiner Kandidatur verkündet, gegen chinesische Billigimporte vorgehen und Einfuhren aus der Volksrepublik mit horrend hohen Zöllen belegen zu wollen. Und auch der – zwischen Präsident Barack Obama und der chinesischen Führung – mühsam ausgehandelte Klimakompromiss dürfte unter Trump auf der Kippe stehen.

Doch all das scheint der chinesischen Regierung nur wenig Sorge zu bereiten. Pekings Abscheu vor Hillary Clinton ist größer. Diese hatte als Außenministerin mehrfach harte Töne gegenüber China angeschlagen – sei es in Menschenrechtsfragen oder über Pekings Umgang mit Nordkorea.

Unvergessen: Clintons Einmischung im Streit um das Südchinesische Meer. Aus WikiLeaks-Enthüllungen war hervorgegangen, dass die Politikerin in einem privaten Gespräch vorgeschlagen hatte, China militärisch einzukreisen.

Trump hingegen ist für China ein unbeschriebenes Blatt. Der an der Pekinger Volksuniversität lehrende Außenpolitikexperte Wang Yiwei ist sich sogar sicher, dass Trump für das USA-China-Verhältnis gut sein werde: „Trump steht außenpolitisch für Isolationismus. Er will nicht, dass die USA globale Verantwortung übernehmen“, zitiert die chinesische Staatszeitung Global Times Wang. Und das sei auch im Interesse Chinas.

Aus dem KP-Parteiblatt Renmin Ribao ist eine gewisse Häme herauszulesen. Die US-Präsidentenwahl enthülle eine „kranke Demokratie“, heißt es in einem Kommentar. Die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua fügt hinzu: Chinas politische System habe sich einmal mehr bewährt.

In Südkorea schrillen derweil die Alarmglocken

Angeblich wollte die nordkoreanische Führung am Tag der US-Wahlen eine weitere Langstreckenrakete abfeuern. Doch das blieb aus.

Ob es mit dem weithin unerwarteten Wahlsieg Donald Trumps in Zusammenhang steht? Denn immerhin hatte der Kandidat der Republikaner im Wahlkampf verkündet, dass die nordkoreanische Aufrüstung ein Problem der Chinesen sei, mit dem die USA unter seiner Führung künftig nichts mehr zu tun haben würden. Donald Trump soll, so wird berichtet, auch schon seine Absicht angekündigt haben, Gespräche mit dem nordkoreanischen Diktator Kim Jong Un aufzunehmen.

Entsprechend besorgt ist man nun in Südkorea. Zwar zeigte sich der südkoreanische Außenminister Yun Byung Se am Mittwoch zuversichtlich, dass Donald Trump an der derzeitigen Verteidigungspolitik in Ostasien festhalten und auch weiter Druck auf das Regime in Pjöngjang ausüben werde. Doch gleich am Mittwochmorgen kam in Seoul Südkoreas nationaler Sicherheitsrat zusammen, um die Folgen des US-Wahlausgangs zu erörtern.

„Wir sind in sehr, sehr ernsten Schwierigkeiten“, wird Park Won Gon, Außenpolitikexperte der Handong-Universität, in der Korea Times zitiert. „Die jahrzehntelange Allianz zwischen Südkorea und den USA steht nun vor einem Test, und wir sollten uns auf alle möglichen Risiken vorbereiten.“ Felix Lee