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IS-Chef ruft zum Durchhalten auf

IRAK Eine Botschaft, die Al-Baghdadi zugeschrieben wird, fordert den „großen Dschihad“ und Anschläge auf „Ungläubige“

Irakischer Soldat im Osten der umkämpften Stadt Mossul Foto: Marko Drobnjakovic/ap

Aus Kairo Karim El-Gawhary

Die Dschihadisten des „Islamischen Staats“ (IS) stehen unter Druck. In ihrer irakischen Hochburg Mossul hat die irakische Armee in den vergangenen Tagen die ersten Außenbezirke erreicht. Im Westen der Großstadt mit etwa einer Million Einwohnern sind schiitische Milizen gerade dabei, die einzigen Nachschubwege nach Syrien abzuschneiden.

Nun hat sich möglicherweise das Oberhaupt des IS persönlich zu Wort gemeldet. Wenn es denn stimmt, dass die am späten Mittwochabend veröffentlichte Tonaufnahme tatsächlich von dem Kalifen des IS, Abu Bakr al-Baghdadi, stammt.

In der 31-minütigen Audiobotschaft ruft ein Sprecher unmissverständlich zum letzten großen Gefecht auf. „Das ist der totale Krieg und der große Dschihad, den der Islamische Staat kämpft, mit dem, so Gott will, unser Glauben ebenso gestärkt wird wie unsere Überzeugung, dass das der Auftakt zu unserem Sieg ist.“

Wenn es sich dabei tatsächlich um die Worte al-Baghdadis handelt, über den spekuliert wird, dass er sich in Mossul versteckt haben soll, dann geht es in der Botschaft vor allem darum, seine Anhänger zum Durchhalten aufzurufen.

„Zieht euch nicht zurück! Mit Ehre standzuhalten, ist tausendmal einfacher als ein Rückzug in Schande“, sagt der Sprecher und warnt vor „jeglicher Schwäche im Angesicht des Feindes“. Die Kämpfer des IS sollten ihren Emiren vor Ort gehorchen und sich den Angreifern unerschrocken in den Weg stellen.

Unmissverständlich ist auch, dass der Sprecher den Krieg weit über die Grenzen von Mossul hinaustragen möchte. „Geht hin mit Gottes Segen, denn das ist euer Krieg. Verwandelt die Nächte der Ungläubigen in Tage, an denen ihr deren Heime verwüstet und einen Strom von Blut erzeugt“, heißt es in der Tonaufnahme weiter.

Besondere Aufmerksamkeit wird darin zwei Staaten geschenkt. Der Redner ruft zu Anschlägen in Saudi-Arabien auf und eine besondere Passage widmet sich der Türkei. „Die Türkei ist heute Teil eures Dschihadprojekts. Verlasst euch auf Gott und marschiert dort ein. Durchbrecht ihre Sicherheit, beendet ihren Wohlstand und lockt sie in die Zone heftiger Kämpfe. Soldaten des Kalifats, der türkische Soldat ist zu euch gekommen. Sein Blut ist billig und widerlicher als das von Hunden.“

Sollte die Aufnahme von al-Baghdadi stammen, wäre es die erste Audiobotschaft an seine Anhänger seit Dezember 2015. Damals versicherte er, dass russische und amerikanische Luftangriffe in Syrien die militante Gruppierung nicht schwächen könnten. De facto hat der IS aber seit diesem Jahr große Teile seines Territoriums in Syrien und im Irak eingebüßt. Mit der Mossuloffensive droht den Dschihadisten nun, dass sie ihre wichtigste Hochburg im Zweistromland verlieren.

Der Zeitpunkt der Aufnahme lässt sich immerhin eingrenzen. Erwähnt wird der Tod des Al-Baghdadi-Vertrauten und IS-Sprechers Abu Mohammed al-Adnani.

Jeder Kalif findet seinen Nachfolger, auch im Falle eines Sieges über den IS

Der IS hatte am 30. August zugegeben, dass al-Adnani in der syrischen Provinz Aleppo ums Leben kam. Sowohl die USA als auch Russland reklamierten den Tod al-Adnanis für sich. Im vergangenen Monat erklärte das Pentagon dann, dass al-Adnani bei einem US-Luftangriff getötet wurde. Wenn die Stimme der Aufnahme also Al-Baghdadi zugeordnet werden kann, war dieser, trotz manch gegenteiliger Spekulationen, zumindest Ende August noch am Leben.

Erst in dieser Woche wurde der Stabschef des kurdischen Regionalpräsidenten im Irak, Mahmud Barsani, mit den Worten zitiert, dass Baghdadis Tod das Ende des IS einläuten würde. Ähnliche Spekulationen gab es auch, als 2006, als der irakische Al-Qaida-Chef Abu Musab Sarkawi bei einem US-Luftangriff getötet wurde. Damals hoffte die US-Regierung auf ein Ende von al-Qaida im Irak. Eine Hoffnung, die sich jedoch nicht erfüllen sollte.

Al-Baghdadi ist sicherlich eine wichtigere Symbolfigur für den IS, als es Sarkawi damals für das Terrornetzwerk al-Qaida war. Schließlich hatte al-Baghdadi sich selbst zum Kalifen eines vom IS gehaltenen Territoriums ernannt. Aber jeder Kalif findet seinen Nachfolger, und selbst bei einem Ende des IS würden die militanten Islamisten aller Wahrscheinlichkeit nach in einer anderen Form wieder auftauchen. Als Barack Obama vor sieben Jahren sein Amt als 44. US-Präsident antrat, wurde al-Qaida in Washington als die größte Bedrohung angesehen. Damals war der „Islamische Staat“ noch nicht am politischen Horizont aufgetaucht.

Doch islamistische Militanz wird immer neue Formen annehmen, solange die Probleme, vor deren Hintergrund die Dschihadisten ihre Anhänger rekrutieren, nicht gelöst sind. Im Irak wird sehr viel davon abhängen, wie die Zentralregierung in Bagdad im Falle einer erfolgreichen Mossuloffensive den an den Rand gedrängten sunnitischen Bevölkerungsanteil wieder in das politische System einbinden kann.

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