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Kozegibt auf

ZENTRUMS-AuS

Um einer gewaltvollen Räumung durch die Polizei zuvorzukommen, hat sich das Kollektive Zentrum (Koze) im Hamburger Münzviertel nun selbst geräumt. In einem offenen Brief verkündeten AktivistInnen am Dienstag das Ende des selbstverwalteten Stadtteilzentrums. „Obwohl wir nicht aufgeben wollen, gehen wir aus den Räumen“, schrieben die ehemaligen TeilnehmerInnen des aufgelösten Plenums.

Die Idee eines unkommerziellen Raumes, in den sich jedeR einbringen könne, sei aufgegangen, sagte eine Aktivistin zur taz. Die Chancen, die bevorstehende Räumung durch die Stadt zu verhindern, schätzten die AktivistInnen allerdings als so gering ein, dass sie sich nicht auf die gewaltsame Konfrontation einlassen wollten. In ihrem offenen Brief schrieben sie auch: „Wir gehen nicht, weil wir nicht mehr wollen, sondern weil die hamburgweite Unterstützung nicht ausreicht.“ Die Repression sei zu groß, die Unterstützung zu klein gewesen.

Die Stadt hatte dem offiziellen Mieter des Zentrums, Günter Westphal vom Stadtteilverein Kunage, zum 31. März gekündigt. Westphal war vor Gericht gegangen, um die Kündigung anzufechten und um eine für alle verträgliche Einigung zu erzielen. Aber die Finanzbehörde hatte sich stur gestellt. So sprach der Richter im September den Räumungstitel aus und gab den AktivistInnen vier Wochen Zeit, um zu gehen.

Westphal hatte angekündigt, in Berufung zu gehen, wovon er nun aber absieht. So ein Berufungsverfahren koste ja auch Geld, sagte er. Zwischen den Zeilen hörte man die Erschöpfung nach einem über zwei Jahre dauernden Streit mit den Staatsorganen heraus. Außerdem erwartet ihn noch ein Verfahren wegen einer nicht beglichenen Stromrechnung. Am Montag muss er den Schlüssel für die Koze-Räume übergeben.

„Ich fühle mich von der Politik völlig im Stich gelassen“, sagte Westphal. Von einzelnen PolitikerInnen habe es zwar immer wieder Signale gegeben, dass man bemüht sei, eine dauerhafte Lösung für das Zentrum zu finden, das nur einen Zwischennutzungsvertrag hatte, aber das war es dann auch.

Das ehemals städtische Grundstück gehört mittlerweile einem Investor, der dort hochpreisige Mini-Appartments bauen will. Für das eher strukturschwache Münzviertel, das sich nahe des Hauptbahnhofs befindet und eher Bedarf an Räumen für weniger zahlungskräftige BewohnerInnen hat, dürfte das allerdings keine Bereicherung sein. Westphal bedauerte das fehlende soziale Verständnis der PolitikerInnen.

Vom Koze werde man indes noch hören, kündigten die AktivistInnen an. Eine von ihnen sagte zur taz: „Sie haben nicht das Koze zerstört, sondern uns nur ein Haus genommen.“ KSCH

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