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Der Fifty-fifty-Vater

2011 kündigte sich unsere erste Tochter an. Also verschoben sich unsere Prioritäten. Wir lebten damals in Köln, aber Berlin hat uns immer schon gefallen. Deshalb bewarb sich meine Frau noch während der Schwangerschaft auf einen Job im öffentlichen Dienst hier. Das schien uns ganz geeignet für ­unser neues Leben mit Kindern – wenn sie sich auch ökonomisch gar keinen Gefallen damit getan hat.

Nach der Geburt von Luise hat meine Frau 12 Monate Elternzeit genommen. Und ich habe in den letzten beiden Monaten meine 2 Monate parallel genommen, weil wir eine größere Reise machen wollten. Diese 10 Monate Elternzeit allein mit Kind haben meiner Frau eher nicht so gut gefallen. Es war ihr zu eintönig.

Deshalb haben wir uns bei unserem zweiten Kind, bei Charlotte, für ein anderes Modell entschieden. Wir reduzieren jetzt beide. Meine Frau geht morgens 5 Stunden arbeiten, dann kommt sie nach Hause, wir ­essen zusammen Mittag und dann gehe ich 5 Stunden arbeiten. Das machen wir, bis die Kleine ungefähr ein Jahr alt ist. Dann stocke ich wieder auf 30 und meine Frau auf 25 Stunden auf.

Dieses Modell ist für uns im Moment die optimale Lösung. Meine Frau kann weiter stillen und sie freut sich jeden Tag auf das Kind. Und ich möchte daran teilhaben, wie Charlotte täglich dazulernt. Das wird sicher auch zu einem guten Verhältnis beitragen. Wie auch die Elternzeit mit Luise, wo ich sie auf stundenlangen Wanderungen getragen habe. Aber eben erst mit knapp einem Jahr, vorher habe ich vieles mit Luise nicht so intensiv erlebt.

Was ist denn los, Charlotte? Magst du mal was trinken?

Mein Arbeitgeber, die Bahn, versucht ja, ein Toparbeit­geber zu werden. Die maßgeblichen Vorgesetzten sind kinderfreundlich und legen einem keine Steine in den Weg. Es ist aber auch nicht so, dass sie ihren Arbeitnehmern Wege aufzeigen würden. Ich kenne halt meine Rechte und wende das so an. Dagegen kann niemand etwas sagen.

Ich arbeite zum Glück projektbezogen, sodass es eigentlich egal ist, ob ich gleichzeitig drei oder fünf Projekte bearbeite. Andererseits ist mir klar, dass ich im Augenblick eher keine Karriere mache. Neulich kam ich mal mittags zur Arbeit und mein Chef stand auf dem Flur und stellte mich in der Runde spaßeshalber mit den Worten vor: „Den Mann müssen Sie kennenlernen. Der hat den kompliziertesten Elternzeitantrag gestellt.“ Tja, mit so etwas muss man rechnen.

Georg Knischewski Ich würde sagen, dass wir uns die Arbeit mit den Kindern ungefähr gerecht aufteilen

Insgesamt würde ich schon sagen, dass wir uns die Arbeit mit den Kindern wahrscheinlich ungefähr gerecht aufteilen. Wir räumen beide auf, putzen die Küche, machen die Einkäufe. Für uns ist es gerecht so. Aber wie gerecht das andere empfinden würden? Das muss jeder für sich selbst entscheiden. Ich denke, viele teilen sich die Kinder anders auf, weil manche Frauen sehr gern die Kinder übernehmen wollen. Und dann gibt es den finanziellen Aspekt. Solange Frauen schlechter verdienen als Männer und das Familieneinkommen nicht so groß ist, wird die Frau eher mehr zu Hause bleiben.

Andererseits: Meine Frau verdient ebenfalls weniger als ich. Wir haben uns trotzdem anders entschieden. Es ist eben auch die Frage, welchen Lebensstil man möchte. Ob man ein Haus abzahlen muss, einen Zweit­wagen will.

Charlotte, magst du runter?

Ich bin kein missionarischer Vater. Aber manchmal bin ich überrascht, wenn sich Leute fortschrittlich geben, aber dann doch die Frau zu Hause bleibt.

Interessant fand ich einmal die Reaktion einer Kollegin, die mich fragte, was ich denn so an meinem freien Montag machen würde. Würde man so etwas eine Mutter fragen, die das traditionelle Familienbild lebt und gar nicht arbeiten geht? Würde man sie fragen: „Was machen Sie denn so an Ihren fünf freien Tagen?

Der Faktencheck: Elterngeld, Partnermonate etc.

38 Prozent der Berliner, die im Jahr 2014 Vater wurden, haben laut Statistischem Bundesamt Elterngeld beantragt. Ein positiver Trend: Bei den 2008 geborenen Kindern waren es noch lediglich 27 Prozent. Der Bundesdurchschnitt der 2014er-Väter lag bei 34 Prozent.

3,8 Monate nimmt der Ber­liner Vater durchschnittlich Elternzeit (die Mütter: 12 Monate). 65 Prozent der Männer nahmen dabei lediglich die berühmten 2 „Vätermonate“ in Anspruch. 24 Prozent pausierten für immerhin 3 bis 9 Monate im Job; 10 bis 12 Monate blieben nur noch 11 Prozent zu Hause.

Der Bundesschnitt lag für die Väter aus dem Jahr 2014 bei 3,1 Monaten. 80 Prozent blieben für lediglich 2 Monate zu Hause.

300 Euro weniger Elterngeld bezogen die Berliner Mütter (737 Euro) im Vergleich zu den Vätern (1.050 Euro) bei den 2014 geborenen Kindern. Während rund 42 Prozent der Berliner Väter vor der Elternzeit ein Nettoeinkommen von 2.000 Euro und mehr hatten, waren es bei den Frauen lediglich 19 Prozent.

93 Berliner Väter, die im ersten Quartal 2016 Elterngeld bezogen, haben Partnerbonusmonate angemeldet – ein Anteil von 3,6 Prozent.

86 Prozent der Berliner Väter mit minderjährigen Kindern sind erwerbstätig, bei den Müttern sind es laut des Amts für Statistik Berlin-Brandenburg lediglich 65 Prozent. (akl)

Georg Knischewski, Jahrgang 1978, Bauingenieur bei einem Tochterunternehmen der Bahn, zwei Töchter (4 Jahre und 7 Monate alt)

Protokoll: Susanne Messmer

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