Baurecht oder Bleiberecht: Neue Bewegung im Sportamt
Grüne Bürgerschaftsfraktion sorgt für neue Gespräche zwischen BesetzerInnen und der städtischen Immobilien Bremen-Gesellschaft als Hauseigentümerin
Ihr Ziel: Ein unbefristeter Vertrag für den Erhalt des Kulturorts, in dem der Verein „Klapstul“ seit 2011 in den Sommermonaten Veranstaltungen organisiert, seit der Besetzung im April 2015 illegal.
Die Wende kommt überraschend. Noch im Sommer hatten die Fronten unlösbar verhärtet geschienen, die Räumung des Gebäudes drohte. Ursprünglich musste der Verein „Klapstul“ jedes halbe Jahr einen neuen Vertrag mit der städtischen Verwaltungsgesellschaft IB machen. Die Behörde prüfte die weitere Nutzung, das dauerte teilweise bis ins Frühjahr. Dann sollte die Zwischennutzung beendet und als Lager für Geräte vom Verein Werder Bremen dienen, was der Verein „Klapstul“ nur über Gerüchte erfuhr.
Mittlerweile kritisierten die Nutzerinnen das gesamte Zwischennutzungskonzept, weil es „den Aufbau von dauerhaften, alternativen Strukturen“ erschwere, wie es in der Erklärung zur Besetzung des „Alten Sportamts“ hieß, die anschließend erfolgte (die taz berichtete). Nach der Besetzung folgten zahlreiche Verhandlungen, die zu keiner Lösung führten.
Im Oktober 2015 erklärten die BesetzerInnen in einem offenen Brief die Verhandlungen für gescheitert. Eine von Finanzsenatorin Karoline Linnert (Grüne) beauftragte Anwaltskanzlei drohte mit der Räumungsklage. Bis 31. Juli hätte das frühere Sportamt in der Nähe des Weserstadions geräumt werden sollen. Doch die Gruppe blieb. Aus der freien Kulturszene und Teilen der Bevölkerung folgte eine Welle der Solidaritätsbekundung. Die Unterstützung durch Teile der Bevölkerung habe dann wohl die Wende gebracht, meint eine der BesetzerInnen im Gespräch mit der taz.
Mitte September schaltete sich dann die grüne Fraktion ein und bat die Senatorin für Finanzen, die dem Gebäudeverwalter IB vorsteht, keine weiteren rechtlichen Schritte einzuleiten. In einer Mail an die BesetzerInnen äußerten fünf Grünen-PolitikerInnen Bedauern über das Scheitern der Verhandlungen. Nach Meinung der UnterzeichnerInnen soll der Ort weiter für die freie Kulturszene erhalten bleiben.
Doch es geht um die Nutzung des Gebäudes im Überschwemmungsgebiet der Pauliner Marsch, die in den Wintermonaten normalerweise verboten ist. Zudem für kulturelle Zwecke, die nicht vorgesehen sind und erst bauordnungsrechtlich genehmigt werden müssten. Besonders bei Versammlungen von Personen im Gebäude bestehen ungeklärte Haftungsfragen.
Die Besetzer Zweifeln an der Aufrichtigkeit der Behörde
Die grüne Fraktion sieht dennoch „Spielraum für eine bauordnungsrechtliche Duldung der Nutzung“, so schreibt sie in der Mail vom 15. September den BesetzerInnen. Am besten unbefristet, aber jederzeit widerrufbar. In dieser Mail bringt sie auch einen Leihvertrag als „sinnvolle Lösung“ wieder ins Gespräch.
Nun wünscht sich die Fraktion schon Ende Oktober Gespräche, zunächst ohne Behörden. Die Mitglieder des Alten Sportamts bleiben den neuen Entwicklungen gegenüber skeptisch. „Es ist schwierig, das erneute Angebot eines Leihvertrags ernst zu nehmen“, sagen die BesetzerInnen der taz. Sonst hätte IB sie ja im letzten Jahr angelogen.
Damals sei ein Leihvertrag erst diskutiert, dann kurzfristig von der IB zurückgezogen worden. Jens Tittmann, Sprecher des Bausenators, erklärte eine Nutzung für planungsrechtlich unmöglich. Hoffnung haben die BesetzerInnen des „Alten Sportamts“ dennoch, dass die Räumung verhindert wird. „Unsere Hauptmotivation ist, eine Eskalation zu vermeiden“, sagt einer der Besetzer. Doch ob die Politik genug Einfluss auf die Verwaltung hat, um die rechtlichen Hindernisse zu umgehen, daran zweifelt er noch.
Die BesetzerInnen haben derzeit noch alle Hände voll zu tun, deshalb sind sie erst im November für Gespräche bereit. Vorausgesetzt, es gibt konkrete Lösungsvorschläge für eine unbefristete Bleibeperspektive und Planungssicherheit.
Denn seit der Besetzung und der daraus folgenden Solidarität haben sie mehr BesucherInnen und Veranstaltungen denn je – trotz Hausfriedensbruch, den die Gäste theoretisch mittragen, wenn die Polizei das Gebäude plötzlich räumen würde. „Mit 150 Veranstaltungen in den letzten anderthalb Jahren sind wir völlig ausgelastet“, sagt ein Mitglied des Vereins „Klapstul“. Mit Planungssicherheit durch Duldung oder einen Vertrag könnte das so weitergehen.
Aufgeben wollen sie nicht, denn in Bremen gebe es großen Bedarf an unkommerziellen Orten wie dem alten Sportamt. Und ein über 18 Monate gewachsenes Projekt, das von der Nachbarschaft akzeptiert wird, „gibt man nicht einfach so auf“.
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