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Die Mitte denkt rechts

Umgekippt Längst scheinen Ressentiments und Rassismus wieder gesellschaftsfähig zu sein. Lässt sich dagegen überhaupt noch etwas tun?

von Dinah Riese

Ein AfD-Wahlerfolg nach dem anderen und Übergriffe auf Geflüchtete – auch mit diesen Themen beschäftigte sich die Genossenschaftsversammlung der taz bei der Podiumsdiskussion „Engagiert gegen Rechts“. Der Parteitag der AfD am 1. Mai sei eine Kampfansage gewesen, sagte die stellvertretende taz-Chefredakteurin Barbara Junge – „die Übernahme eines Datums“. „Sichtbare rechte Tendenzen sind längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen“, ergänzte ihre Kollegin Katrin Gottschalk. Auf dem Podium diskutierten Sabine am Orde, taz-Redakteurin, Golschan Ahmad Haschemi von der Amadeu Antonio Stiftung, Bianca Klose von der Mobilen Beratungsstelle gegen Rechts und Bilkay Öney, SPD-Politikerin und frühere Integrationsministerin in Baden-Württemberg. „Die AfD schafft es, einen Bogen vom extremen rechten Rand zur Mitte der Gesellschaft zu spannen“, erklärte Sabine am Orde. Dadurch würden unsagbare Dinge plötzlich sagbar. „Viele Menschen lassen sich von rassistischen Ressentiments leiten“, konstatierte Golschan Ahmad Haschemi. Die Bildungsreferentin der Amadeu Antonio Stiftung fördert antisemitismus- und rassismuskritische Jugendarbeit.

„Es gibt in Berlin einen breiten Konsens gegen Rechtsex­tremismus“, unterstrich Bianca Klose von der Mobilen Beratungsstelle. „Aber Rassismus kommt auch von den Freunden, mit denen man über Flüchtlinge oder Pegida spricht.“ Da gebe es ein Hemmnis, Rassismus klar beim Namen zu nennen.

„Wenn wir Menschen den Spiegel vorhalten und das Bild, das sie sehen, ist hässlich, dann will ja keiner hinsehen“, widersprach die SPD-Politikerin Bilkay Göney. Stattdessen müsse man Strategien finden, um mit den Menschen ins Gespräch zu kommen. Und man müsse ehrlich aussprechen, dass manchen Geflüchteten erst die Grundwerte buchstabiert werden müssten.

Am Orde steht Gesprächsversuchen kritisch gegenüber. Viele seien für Fakten gar nicht zugänglich. Auch am Orde ist dafür, ehrlich zu sagen, wo es Probleme gibt – aber man dürfe dabei nicht die Argumente der Rechten aufnehmen. „Die Stimmung ist tatsächlich gekippt“, sagte auch Klose. Aus vorauseilendem Gehorsam würden „rechte Inhalte von den etablierten Parteien durchgesetzt“, kritisierte Klose.

Sie hoffe, dass nach der Abgeordnetenhauswahl in Berlin nicht wieder von einer „Protestwahl“ gesprochen werde. „Die Leute haben nicht Protest gewählt, sie haben rechten Protest gewählt, der die Rechte von Minderheiten infrage stellt.“

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