Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Sexistische Tierliebe bei der CDU, Verschwörungstheorien bei Springer und die immer noch offene Frage der Gauck-Nachfolge.

Peter Tauber zeigt zwei Finger hoch

Auch eine süße Maus? CDU-Generalsekretär Peter Tauber Foto: reuters

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?

Friedrich Küppersbusch: Blöde Szenen beim Wirsing-das-Volk-Fest in Dresden.

Und was wird besser in dieser?

Gedenktag des Untergangs Westdeutschlands wie stets friedlich und gewaltfrei.

Donald Trump wie Hillary Clinton loben die Kanzlerin. Was ist da los?

Clintons Kandidatur wird plausibler durch das Indiz, dass auch anderswo eine Frau beständig und respektiert eine Nation managt. Trumps Kandidatur wird plausibler durch das Indiz, dass auch anderswo eine Bevölkerung maximalen Bullshit wie zum Beispiel eine Frau oder so was Irres ins Amt wählt.

Beate Zschäpe hat endlich den Mund aufgemacht. Hätte sie ihn lieber halten sollen?

Schwacher Trost für ihr ursprüngliches Verteidigerteam, das offenbar in Kenntnis der Lage genau diese Schweigestrategie anempfahl. Doch holla, das Blog Übermedien tadelt: Allein Zschäpes Stimme, Hosenanzug und Haarfrisur komme unter Gerichtsreportern weltenerschütternde Bedeutung zu („Journalisten hören Stimmen im Zschäpe-Prozess“). Das Gericht muss sich an das gesprochene Wort halten, ob nun credible performed oder zynisch runtergelesen.

Viktor Orbán wollte seine Ungarn in einem Referendum gegen die EU-Flüchtlingspolitik abstimmen lassen – und dann gehen nicht genug zur Wahl. Peinlich für Orban, oder?

Jein, auch Kommentare, wonach Orbán-Ungarn eine Autokratie auf dem Weg zur Diktatur sei, müssen präzisiert werden. Und wenn er es nur zu blöd angestellt hat: Orbán hat sich zum Horszt gemacht, und die Mehrheit der Ungarn nutzte die Gelegenheit, der EU mit dem Herzen beizutreten. Beides in einer Diktatur kaum möglich, und genau das ist die heikle Nachricht von Orbán an Orbán.

Frank Henkel soll eine Parteikollegin „große süße Maus“ genannt haben. CDU-Generalsekretär Tauber soll „Pflegehinweise für das Kaninchen“ über eine gemobbte Kollegin mitverfasst haben. Woher der Sexismus, woher die Tierliebe?

Sexismus und Tierliebe? Reizvoll wäre ein Schaudiagramm: Wie viele Feuilletonisten und Kommentatorinnen eben noch durch jeden brennenden Reifen gesprungen wären für das unveräußerliche Menschenrecht, einen Mann „ziegenfickenden Kleinschwanz“ zeihen zu dürfen. Und wie viele von denen nun „große süße Maus“ als unverzeihliche Herabwürdigung entlarven. Kurz: Wer Letzteres sexistisch finden möchte, kann bei Ersterem einen gewissen Rassismus nicht abstreiten. Oder andersherum: Geht's noch? Ich finde Generaltauber Sekretär auch eine sehr süße Maus, und ich traue mir kein Urteil zu, ob Henkel gemobbt hat oder just im Moment seines Sturzes noch ein bisschen bonusgemobbt wird.

Die Aktie der Deutschen Bank ist erstmals unter 10 Euro gefallen. Auch der Commerzbank geht es schlechter als erwartet. Steht uns die richtig große Finanzkrise erst noch bevor?

Vor allem eine Radikalisierung der Eliten. Springer-Vorstand Döpfner fragt, ob die 14 Milliarden US-Dollar Strafzahlung gegen die Deutsche Bank „eine Art Revanche“ sei für europäische Forderungen an Apple, Starbucks, Amazon. Handelsblatt-Herausgeber Steingart sekundiert, in Washington hänge „alles mit allem zusammen“ und werde „alles mit allem verrechnet“. Bei solchen konservativen Meinungsführern braucht man keine Verschwörungstheoretiker mehr. Warten wir handfeste Beweise in Welt und Handelsblatt ab und begnügen uns bis dahin mit der faszinierenden Zahl 4 Prozent – das ist die Eigenkapitalquote der Deutschen Bank. Vulgo: 96 Prozent ihrer Geschäfte laufen auf Pump, und dass das in Deutschland legal möglich ist, könnte auch mal ein interessantes Thema für bürgerliche Wirtschaftsseiten sein.

Niemand will Gauck als Bundespräsident nachfolgen. Haben Sie einen Vorschlag?

Es war noch nie eine Frau. Und – wenn man Roman Herzog glaubt und ihn als CSUler dem Herzen nach verrechnet – sind alle Parteien zum Zuge gekommen außer den Grünen und der Linken. Da das Amt ohnehin näherungsweise wumpe ist – unter der monatelangen Demontage Wulffs lief das Land reibungslos weiter –, stünde es einer parlamentarischen Demokratie eh besser, derdiedas Parlamentschef zum Oberhaupt zu erklären. Das hätte uns Jahrzehnte früher eine Frau (Renger, 1972), einen Ossi (Thierse, 1995) und lustige Konservative (Lammert) gebracht. Und grüne (Vollmer) und linke (Pau) Vizinnen.

Und was machen die Borussen?

Einfach böse von den Bayern, bewusst unentschieden gegen Köln zu spielen, damit der BVB so nervös ist, dass er gegen Leverkusen verliert.

FRAGEN: DJO, AFRO

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.