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„Ich stehe zu meiner Herkunft, aber in erster Linie bin ich ich“

Musik In Malaysia ist die Sängerin Yuna ein Superstar. Seit ihrer Zusammen-arbeit mit Pharrell Williams und Usher ist sie auch im Rest der Welt bekannt. Ein Gespräch über Yunas neue Heimat und Musliminnen in der Mode

Turban statt Hidschab: „Ich wollte mich verhüllen und dabei ich selbst sein. Ich liebe den Turban und mag, wie ich damit aussehe“ Foto: Lia Darjes

Interview Osia Katsidou

taz: Frau Zarai, Sie haben vor einigen Jahren Ihr Heimatland Malaysia verlassen und sind in die USA gezogen. Wie kam es dazu?

Yuna Zarai: Ich hatte das Gefühl, in Malaysia eine Glasdecke erreicht zu haben. Die meisten heimischen Musiker_innen haben Angst, sich dem internationalen Markt zu öffnen, weil sie befürchten, damit ihre Karriere aufs Spiel zu setzen. Ich wollte das wagen und sah das wohl auch furchtloser, weil meine Familie mich mein ganzes Leben lang ermutigt hat, zu reisen und andere Länder zu erkunden. Ich wollte, dass die Welt meine Songs hört, weil ich an sie glaube.

Wie fühlen Sie sich in den USA?

In den USA arbeite ich mit Menschen, die von überallher kommen. Ich bin eine bessere Musikerin geworden und habe mich neuen Genres geöffnet. Aber es gibt so viel Hasserfülltes momentan. Ich lebe in einem Land, in dem ein Präsidentschaftskandidat hemmungslos Hass propagiert. Menschen werden am helllichten Tag attackiert. Hasskommentare online werden als Gegebenheit angesehen. Deshalb fühlt es sich mittlerweile nicht mehr so sicher an, Konzerte zu geben und zu reisen. Man hat mich früher immer gefragt, ob ich mich davor fürchte, mit Islamophobie in Berührung zu kommen. Das war lange nicht so, aber mittlerweile bin ich achtsamer geworden. Deshalb bewundere ich die Friedensnobelpreisträgerin Malala so sehr. Sie ist der Kontrast zu diesem ganzen Hass. Sie ist so mutig und steht für etwas, das mich inspiriert.

Die Medien betonen gern Ihre malaysische Herkunft. Stört Sie das?

Ich möchte, dass die Leute mich in erster Linie als Yuna wahrnehmen. Ich finde okay, dass man mich als Malaysierin betitelt. Schlimmer ist es, wenn man was ganz Falsches sagt: Auf einem Festival wurde ich einmal als „Yuna aus Singapur“ angekündigt. Ein anderes Mal hat ein Blog geschrieben: „Yuna aus Indonesien“. Ich stehe zu meiner Herkunft, aber in erster Linie bin ich einfach ich. Man wird so dar­auf reduziert. Es war auch eine Zeit lang so, dass der Fokus darauf lag, dass ich Muslima bin. Ich möchte aber nicht, dass man das herausstellt, was mich anders macht, sondern meine Musik. Mein Glaube und meine Herkunft sind bloß zwei Merkmale, die privat sind.

Nun sind Sie ja aber eine der wenigen international bekannten Persönlichkeiten aus Malaysia. Mir fällt außerdem keine weitere Musikerin ein, die sich verhüllt. Werden diese Dinge dann nicht automatisch zum Thema?

Ich kann das nachvollziehen. Es geht mir aber nicht um was Politisches oder Gesellschaftskritisches. Ich mache bloß Musik. Wenn ich irgendwas anderen mitgeben sollte, dann einfach nur, dass junge Mädchen ihr Talent für sich sprechen lassen sollen. Man muss nicht nackt und sexy auf der Bühne sein, nur weil man Popmusik macht. Es gibt Musikerinnen wie mich oder auch Adele, die sich auf den Gesang konzentrieren und nicht auf die Show. Wir wollen nicht durch Schockwirkung Aufmerksamkeit erhaschen.

Ich würde gern mit Ihnen, noch ein bisschen über Ihr Kopftuch sprechen. Tragen Sie es aus modischen Gründen als Turban?

Anfangs habe ich den Hidschab getragen, mittlerweile binde ich das Kopftuch zum Turban, weil ich mich damit einfach wohler fühle. Es ist mehr eine Identitätsfrage als eine modische. Ich wollte mich weiterhin verhüllen, dabei aber ich selbst sein. Ich liebe den Turban, und ich mag es, wie ich damit aussehe.

In der Modewelt sind seit Kurzem Frauen mit Kopftuch präsent. Zum Beispiel brachten Dolce & Gabbana kürzlich eine Hidschab-Kollektion heraus. Was halten Sie davon?

Yuna Zarai

Die Frau: 29 Jahre, geboren als Yunalis Mat Zara‘ai in Alor Setar (Malaysia). Sie hat einen Bachelor in Jura.

Die Karriere: Seit 2006 Singer-Songwriterin. 2012 produzierte Pharrell Williams ihr erstes internationales Album, „Yuna“. In diesem Jahr erschien ihr drittes Album, „Chapters“, darauf auch ein Duett mit Usher

Ich finde sehr cool, dass man sich uns öffnet. Heute erst habe ich in einer Modezeitschrift gelesen, dass der neueste Trend das Tragen von Hosen unter Kleidern ist. Das machen wir Muslimas ja ständig. Ich finde diese Bewegung gut, weil sie plötzlich Frauen in Betracht zieht, die vorher aus dem Fashion-Kontext herausfielen – und zwar grundlos. Vor allem, wenn man sie Dingen wie dem Burkini-Verbot in Frankreich gegenüberstellt, ist das eine sehr gute Entwicklung. Dabei geht es auch nicht in erster Linie um Kleidung, sondern darum, dass Muslimas plötzlich sichtbar sind und wahrgenommen werden. Man sieht Mädchen mit Kopftuch, die Fendi und Prada tragen und die karriereorientiert und weltgewandt sind – so wie ich.

Sie sind selbst Modemacherin. Worauf kommt es Ihnen dabei an?

Ich entwerfe Sachen, die auch ich tragen würde. In einer aktuellen Kollektion geht es um große und gewagte Blumenmuster. Mein Geschäftspartner und ich wollten, dass Frauen damit mutig werden. Normalerweise sind malaysische Frauen sehr scheu und werden durch eine Mentalität, in der Menschen ständig Urteile über sie fällen, kleingehalten. Daher ist es sehr tapfer, auffallende Kleidung zu tragen und sich damit auszuleben.

Sie sind sehr beliebt in Malaysia. Vor Kurzem wurden Sie jedoch von Ihren Fans dort heftig dafür kritisiert, dass Sie Ihren Kollegen Usher umarmt haben. Was war genau passiert?

Die malaysischen Medien haben die Story aufgebauscht und daraus was Sexuelles gemacht. Dabei war es das nie. Ich habe ihn als nette Geste umarmt und wollte ihm meine Wert­schätzung zeigen. Innerhalb der muslimischen Community in Malaysia wird das nicht so akzeptiert, wenn eine Frau und ein Mann sich öffentlich umarmen. Aber ich bereue die Umarmung nicht.

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