: „Beim Handy wird es schwierig“
Praktikabilität Das von der Umweltministerin geplante zweite Preisschild sei nur in wenigen Fällen sinnvoll, sagt Rainer Grießhammer vom Ökoinstitut. Er fordert mehr Vorschriften statt mehr Information
taz: Herr Grießhammer, was könnte auf einem zweiten Preisschild stehen? Ähnlich den Warnhinweisen auf Zigarettenschachteln: „Achtung, dieses Produkt enthält Kinderarbeit“?
Rainer Grießhammer: Sinn hat ein zweites Preisschild eigentlich nur bei der Ausweisung der Betriebskosten bei energieverbrauchenden Geräten. Wenn auf einem Wäschetrockner zum Beispiel angegeben wird, wie hoch die Betriebskosten über zehn Jahre bei durchschnittlicher Nutzung sind. Bei einem energiefressenden Gerät können schon mal bis zu 500 Euro mehr für den Strom anfallen als bei einem energieeffizienten.
Das macht 50 Euro im Jahr Unterschied. Welche Verbraucher entscheiden danach?
Wir haben das schon in einigen Läden ausprobiert, die Kunden waren immer überrascht, wie hoch die Betriebskosten sind. Die einen kaufen dann das teurere, aber energiesparendere Gerät, weil sie dann wissen, dass die Mehrkosten beim Kauf durch geringere Verbrauchskosten überkompensiert werden. Die anderen sagen, ich habe gerade nicht so viel Geld. Ich nehme das billigere.
Ließe sich auf alle Produkte ein Energie- oder ein CO2-Etikett kleben?
Bei Lebensmitteln ist das sehr schwierig, weil die Herstellungswege höchst unterschiedlich sind und die Werte auch von der Saison und dem jeweiligen Transport abhängig sind. Anders bei den Elektrogeräten: Da gibt es ja jetzt schon die von der EU vorgeschriebene Energieeffizienzkennzeichung, bei der auch durchschnittliche Stromverbrauchswerte angegeben werden müssen. Nur können die Verbraucher im Laden daraus nicht auf die Schnelle die Betriebskosten errechnen. Deshalb wäre da eine zweite Preisinformation perfekt.
Was könnte auf einem Handy stehen?
Da wird es schwierig. Der Energieverbrauch macht beim Handy nicht den Unterschied. Da geht es eher um die vielen und zum Teil knappen Rohstoffe, die in ihm stecken. Darunter die seltenen Erden, bei deren Förderung und Verarbeitung es massive Umweltprobleme gibt. Und dann sind auch die Arbeitsbedingungen in den Minen meist katastrophal. Aber wie wollen sie die gesellschaftlichen Kosten ermitteln? Die Wissenschaftler streiten sich ja schon darüber, wie hoch beim Klassiker, den Kohledioxidemissionen, die externen Kosten sind.
Umweltministerin Hendricks will aber gar nicht einen zweiten Preis in Euro nennen, sondern eher Informationen wie „Akku nicht austauschbar“ verlangen.
Das wäre zumindest praktikabler, als Umweltkosten auszurechnen. Aber auch nicht einfach, die erforderlichen Informationen auf einem Etikett zusammenzufassen. Zum Beispiel „Akku von Verbrauchern ohne handwerkliche Kenntnisse einfach austauschbar, mit normalem Werkzeug“, in weniger als fünf Minuten . . .“. Die beste Lösung ist das eben nicht.
Sondern?
Sie müssen den Herstellern vorschreiben, dass ein Akku unter solchen Bedingungen auswechselbar sein muss. Wie es etwa beim Fairphone der Fall ist und beim iPhone leider nicht.
InterviewInterview Hanna Gersmann
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