Streit um Zukunft Syriens: Moskau kritisiert Türkei

Assad muss weg, sagt die syrische Opposition. Boris Johnson fordert Moskau auf, die Unterstützung für den Machthaber aufzugeben. Dort kritisiert man die Türkei.

Ein türkischer Panzer

Die Türkei – hier mit ihrem Panzer noch in Suruc, also auf türkischer Seite – hat eine Bodenoffensive in Syrien gestartet. Allein um den Kampf gegen den IS geht es ihr dort nicht Foto: ap

MOSKAU/LONDON/SYRIEN dpa/afp/ap | Das russische Außenministerium hat die Bodenoffensive der Türkei im Norden Syriens verurteilt. Die schwierige Lage in dem Bürgerkriegsland werde damit weiter verkompliziert, erklärte das Ministerium am Mittwoch in Moskau. Das türkische Eingreifen sei weder mit der syrischen Regierung noch mit dem UN-Sicherheitsrat abgestimmt und verstoße gegen Völkerrecht.

Die türkischen Truppen wollen die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) von der türkisch-syrischen Grenze vertreiben. Zugleich will die Türkei Geländegewinne von kurdischen Milizen in Syrien verhindern. Russland unterstützt dagegen die syrische Führung militärisch und unterhält Kontakte zu den Kurden.

Die syrische Opposition hat am Mittwoch anlässlich von Friedensgesprächen in London ihre Pläne für eine Übergangsphase zur Demokratie ohne Präsident Baschar al-Assad präsentiert. Das Hohe Verhandlungskomitee (HNC) schlug eine sechsmonatige Phase der Verhandlungen zwischen Vertretern von Regierung und Opposition vor. Anschließend müsse es eine 18-monatige Periode einer Einheitsregierung geben. Darin vertreten sein sollten Regierungsvertreter, Oppositionelle und Vertreter der Zivilgesellschaft, nicht aber Assad, hieß es.

„Syrien will, dass Baschar geht“, sagte der Koordinator des HNC, Riad Hidschab. „Wenn Baschar geht, wird das Kämpfen dann weitergehen? Nein.“ In London stand am Mittwoch ein Treffen von Außenminister Boris Johnson mit den syrischen Oppositionsvertretern an. Sein US-Kollege John Kerry sollte per Video zugeschaltet werden, erwartet wurden auch die Minister unter anderem aus der Türkei, Jordanien, Frankreich und Italien sowie Vertreter aus Deutschland und der EU.

Ziel des Treffens in London sei es, eine gemeinsame Position zu entwickeln, verlautete aus französischen Diplomatenkreisen. Klarer als in der Vergangenheit formuliert äußert sich die syrische Opposition in ihren Plänen zur Zukunft des Präsidenten. „Assad und seine Clique haben grausame Verbrechen am syrischen Volk begangen“, hieß es, daher müsse die Übergangsregierung dessen Rücktritt einfordern. Johnson rief Moskau in einem Zeitungsbeitrag dazu auf, die Unterstützung für die syrische Führung zu beenden.

System der Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit muss her

Nach dem Ende des Krieges werde es darum gehen, ein politisches System zu schaffen, das individuelle Rechte schütze und auf den Prinzipien Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit aufbaue, hieß es in dem Text der Opposition weiter. Der syrische Bürgerkrieg hatte im Frühjahr 2011 mit regierungskritischen Protesten begonnen und sich rasch zu einem bewaffneten Konflikt ausgeweitet. Mehr als 290.000 Menschen wurden dabei bislang getötet, mehr als die Hälfte der Bevölkerung ist auf der Flucht.

Indes sind am Mittwoch vier Rettungskräfte bei Einsätzen in Syrien getötet worden. Eine Freiwilligengruppe von Ersthelfern hat nach Angaben vom Mittwoch vier Mitglieder bei Luftangriffen verloren. Zwei Einsatzkräfte seien am Dienstag in der Provinz Idlib getötet worden, zwei weitere in der Provinz Aleppo, teilte die Syrische Zivilverteidigung mit. Die Retter, die auch als Weißhelme bekannt sind, hätten Opfern von Luftangriffen auf Chan Scheichun in Idlib und dem Viertel Salehine in Aleppo helfen wollen. Die Gebiete werden von der Opposition beherrscht.

Die Weißhelme haben bislang mehr als 137 ihrer Mitglieder im Einsatz verloren. Viele kamen bei Doppelangriffen ums Leben, wenn Kampfflugzeuge nach einem ersten Angriff einen zweiten fliegen, um unter den zusammengeströmten Menschen möglichst viele Opfer zu erzielen. Die Angriffe vom Dienstag sollen von russischen Kampfflugzeugen oder solchen der syrischen Regierung geflogen worden sein.

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