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Super Mario zögert

EZB Draghi kann sich nicht entscheiden: Zinsen weiter senken oder Anleiheprogramm ausweiten? Dabei wachsen die Risiken

AUS BRÜSSEL Eric Bonse

Den Ball flach halten – das ist das neue Motto der Europäischen Zentralbank (EZB). Trotz der schwächelnden Konjunktur und der mit dem Brexit verbundenen Risiken hielt die EZB am Donnerstag die Leitzinsen unverändert. Auch das umstrittene Anleihenkaufprogramm wird zunächst nicht verändert.

„Unsere Geldpolitik funktioniert besser denn je“, wehrte EZB-Chef Draghi die Kritik aus Deutschland ab. Mit dem historisch niedrigen Zinssatz von null Prozent und dem Anleihenprogramm in Höhe von 2,74 Billionen Euro habe die EZB ihren Teil zur Belebung der Wirtschaft getan.

Draghi schloss weitere Schritte zwar nicht aus. Er gab den Ball aber an die Eurostaaten weiter: Sie müssten jetzt endlich die vereinbarten Strukturreformen umsetzen, die Arbeitsmärkte flexibilisieren und die Produktivität steigern. Ähnlich hatte sich Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem geäußert. Er kritisierte, dass die EU-Kommission nicht genug Druck mache. Zuletzt hatte die EU-Behörde auf Strafen gegen Spanien und Portugal verzichtet, obwohl diese gegen den Stabilitätspakt für den Euro verstoßen.

Neben Spanien und Portugal sorgt auch Großbritannien für Verunsicherung. Das Nein der Briten zur EU sorge für konjunkturellen Gegenwind, hatte Draghi bei der letzten EZB-Ratssitzung Ende Juli gesagt. Es sei jedoch „zu früh, die mittelfristigen Auswirkungen des Brexit zu beurteilen“.

Ganz anders das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung: Der Brexit werde einen „deutlichen Dämpfer“ für die Konjunktur bringen, warnte DIW-Chef Marcel Fratzscher gestern. Auch die deutsche Wirtschaft dürfte das zu spüren bekommen und 2017 nach der DIW-Schätzung nur noch um 1,0 Prozent wachsen. Angesichts dieser Risiken hatten viele Experten und EZB-Watcher mit einer neuen Lockerung der Geldpolitik gerechnet. Genau davor hatten jedoch die deutschen Kritiker gewarnt. Der frühere Bundesbankpräsident Axel Weber urteilte, das viele billige Geld erreiche das angestrebte Ziel nicht. Auch Banken und Sparer klagen über die Nullzinsen.

Ganz anders urteilen die Anleger: Für sie ist die zögerliche Haltung der EZB ein schlechtes Zeichen. Sie hatten auf neue Impulse gehofft – und reagierten enttäuscht. Der deutschen Börsenindex DAX ging auf Talfahrt, der Euro legte zu – was die Ausfuhren verteuert und damit die Konjunktur weiter dämpft.

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