: Nachzahlung: 13.000.000.000
Steuern Jahrzehntelang hat der US-amerikanische Konzern Apple seine Abgaben in Europa auf beinahe null gedrückt. Jetzt folgt ein gigantischer Steuerbescheid aus Brüssel
Aus Brüssel Eric Bonse
Diese Zahlen machen jeden normalen Steuerzahler neidisch. Unglaubliche 0,005 Prozent Steuern musste der US-Computerkonzern Apple auf seine in Europa erzielten Milliardengewinne zahlen. Der effektive Steuersatz für die Apple-Filiale in Dublin war in den vergangenen Jahren immer weiter zurückgegangen. Damit begründete EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager am Dienstag in Brüssel ihre Entscheidung, Apple eine Steuernachzahlung von bis zu 13 Milliarden Euro aufzubrummen. „Irland hat Apple unzulässige Steuervergünstigungen gewährt“, erklärte die Dänin. Dies sei nach dem EU-Beihilferecht illegal.
Legal, illegal, sch…egal – nach diesem Motto hat Apple, folgt man Vestager, seine Steuerlast in Europa minimiert. Der iPhone-Hersteller hat einen weitgehend fiktiven „Verwaltungssitz“ gegründet, der weder ein Büro noch Mitarbeiter in Dublin hatte. Dorthin sei dann das Gros der europäischen Gewinne übertragen worden, so die Kommission, nur ein kleiner Rest wurde nach irischem Recht versteuert. „Apple hat seine Steuerlast über zwei Jahrzehnte künstlich verringert“, sagte Vestager. Damit müsse nun Schluss sein.
Im Herbst 2015 hatte Vestager bereits Fiat und Starbucks zu Steuernachzahlungen verurteilt. Derzeit laufen Ermittlungen gegen Amazon und McDonald’s. Zudem untersuchen die Wettbewerbshüter in Brüssel rund 1.000 sogenannte Steuervorbescheide, mit denen EU-Länder großen Firmen unfaire Vergünstigungen gewährt haben könnten.
Die Ermittlungen sind Teil einer globalen Offensive gegen Steuerflucht und Steuerdumping. Bisher war die EU dabei allerdings nicht als besonders ehrgeizig aufgefallen. So hat die EU-Kommission umfangreiche Ermittlungen nach dem Luxemburger LuxLeaks-Skandal verhindert. Ein im Juni 2015 vorgelegter „Aktionsplan für eine faire Unternehmensbesteuerung“ kommt kaum vom Fleck.
Umso größer ist nun der Knalleffekt im Steuerstreit um Apple. „Die EU liefert“, freut sich der grüne Finanzexperte und Europaabgeordnete Sven Giegold. Kein einziges Mitgliedsland habe sich getraut, eines der größten Unternehmen weltweit anzugehen. „Die EU kann nun den Respekt aller Bürger zurückgewinnen“, sagt Giegold. Ähnlich äußerten sich Europaabgeordnete von CDU, CSU und SPD.
Allerdings hat Vestager eine Hintertür offen gehalten: Nicht die EU-Kommission, sondern Irland soll die 13 Milliarden Euro eintreiben. Doch Dublin sträubt sich, vermutlich landet der Streit vor Gericht. Zudem könnte die Summe von 13 Milliarden Euro noch in sich zusammenschmelzen: Vestager räumt auch anderen Staaten das Recht ein, nicht gezahlte Steuern von Apple nachzufordern. Sogar die USA sollen die Möglichkeit erhalten, Apple tiefer als bisher in die Tasche zu greifen. Solche Nachforderungen würden von den rekordverdächtigen 13 Milliarden abgezogen, teilte die EU-Kommission mit.
Am vergangenen Donnerstag hatte Washington die EU vor der nun gefallenen Apple-Entscheidung gewarnt und mit „Konsequenzen“ gedroht. Gestern legte sie nach: „Das Vorgehen der EU-Kommission könnte ausländische Investitionen und das Wirtschaftsklima in Europa untergraben“, sagte ein Sprecher des US-Finanzministeriums am Dienstag. Auch das Grundverständnis der transatlantischen Partnerschaft sei in Gefahr, warnte der Amerikaner.
Es klang wie ein Seitenhieb auf TTIP, das geplante und heftig umstrittene Freihandelsabkommen. Noch hält die EU-Kommission an TTIP fest. Der Streit um Apple und die Steuermilliarden könnte dem Deal jedoch den Gnadenstoß geben.
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