piwik no script img

portraitDie Oscar- Kandidatin

Maren Ade, Regisseurin von „Toni Erdmann“ Foto: dpa

Ein bisschen dürfte sie sich selbst gerade wie im Film vorkommen. Allerdings nicht in einem, für den sie die Regie zu verantworten hat. Denn Märchenstoffe sind Maren Ades Sache nicht. Wie ein Märchen klingt aber die Erfolgsgeschichte ihres Spielfilms „Toni Erdmann“, der mit seiner Premiere im Wettbewerb der Filmfestspiele von Cannes im Mai für internationale Begeisterung und wenig später für Unverständnis gesorgt hatte, als er bei der Preisverleihung von der Jury übergangen wurde. Inzwischen hat er in Deutschland rund 450.000 Zuschauer gefunden und wird – so die jüngste wundersame Begebenheit – als deutscher Beitrag für einen Auslands-Oscar ins Rennen geschickt, wie am Donnerstag gemeldet wurde.

Dabei war Maren Ade, die 1976 in Karlsruhe geborene Filmemacherin, sich mit ihrem dritten Spielfilm überhaupt nicht so sicher, dass er gnädig aufgenommen werden würde: „Mein Reflex war eher, misstrauisch zu sein, nach dem Motto: Irgendwann kommt doch raus, dass der Film gar nicht so – oder doch ganz anders ist.“ Ganz anders als viele deutsche Filme ist „Toni Erdmann“ allemal. Knapp drei Stunden dauert diese ebenso witzige wie hochmelancholische Komödie, die sich Zeit lässt für ihre Szenen und ihre Überraschungen so unerwartet wie treffsicher bringt.

Übersichtlich ist die Personenkonstellation, die wie im vorangegangenen Film „Alle anderen“ von 2009 die Protagonisten in intimen Situationen fast wie in einem Laborversuch zeigt. Besonders zimperlich ist die in Berlin lebende Regisseurin mit ihren Figuren nicht. Vielmehr schaut sie sehr genau hin bei den Komplikatio­nen, die das Aufeinandertreffen von Menschen so mit sich bringt, im Fall von „Toni Erdmann“ ist es die Beziehung einer karrieristischen Tochter zu ihrem alt­linken Vater.

Dass sie Perfektionistin ist, mag einer der Gründe dafür sein, dass Ade, die an der Hochschule für Fernsehen und Film München studierte, ein bisher schmales Werk vorgelegt hat – ihr Debütfilm „Der Wald vor lauter Bäumen“ war 2003 zugleich ihre Abschlussarbeit. Erfolgreich waren alle drei Filme, warum da nicht auch ein Oscar? Die Daumen sind gedrückt. Tim Caspar Boehme

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen