Harald Keller Der Wochenendkrimi : Keine überlegene Instanz
Die Stichstraße Albert Place im walisischen Küstenörtchen Aberystwyth führt direkt auf die Strandpromenade. Rechts leuchtet eine blaue Tafel: „Gorsaf Heddlu Cambria Police Station“. Doch das Gebäude steht leer. Das Polizeischild ist ein Requisit der von BBC Wales produzierten Serie „Y Gwyll“ – Dämmerung. Im Rest des Königreichs heißt sie „Hinterland“, in Deutschland „Inspector Mathias – Mord in Wales“.
Für Tom Mathias (Richard Harrington) ist Aberystwyth zugleich Strafkolonie und Fegefeuer. Er hat ein Kind verloren und leidet unter seiner Schuld. Gedreht wird die Serie im Winterhalbjahr. Die Landschaft wirkt karg, das Städtchen trist. Ganz anders in den Sommermonaten. Aber den Serienschöpfern Ed Talfan und Ed Thomas geht es gerade um diese Noir-Stimmung.
Bemerkenswert ist, dass die Episodenhandlungen zumeist aus der realen örtlichen Geografie entwickelt werden. Und die Geschichten sind durch und durch stimmig, sei es die Darstellung kriminalistischer (Team-)Arbeit oder auch die Psychologie der Figuren.
Darin unterscheidet sich „Hinterland“ von Vertretern des „Nordic Noir“. Es gibt mit einer Ausnahme keine spektakulären Mordszenarien, keine Verschwörungen, keine aufdringlich aktuellen Bezüge. Die Autoren entwickeln mit großem Feingefühl die Tragödien hinter den Verbrechen – auf Opfer- wie auf Täterseite. Dabei erweist sich Mathias nicht als überlegene Instanz.
Am Ende der ersten Staffel konnte er einen absehbaren zweiten Mord nicht verhindern. Jetzt tritt er nach einer Erholungspause wieder ins Geschehen ein, um in einem Fall von Brandstiftung mit Todesfolge zu ermitteln. Das Verbrechen findet eine Aufklärung, ein nur vorläufiges Ende.
In der nächsten Episode am Montag wird man Mathias weinen sehen.
„Inspector Mathias – Mord in Wales: Feuernacht“; Sa., 0.00 Uhr, Einsfestival
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen