Heide Oestreich über Schwesigs Familiengeld-Konzept
: Endlich runter vom Abstellgleis

Die Familienarbeitszeit klingt bürokratisch und kleinteilig. Aber sie ist etwas ganz Großes. Sie ebnet den Weg für mehr Gleichberechtigung. Nehmen wir einen Indikator für die Gleichstellung in Deutschland: Die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen, die berühmten 21 Prozent. Zu dieser Lücke kommt es durch verschiedene Faktoren, aber ein großer Teil wird dadurch verursacht, dass Frauen ihre Berufstätigkeit länger für die Familie unterbrechen.

Studien zeigen, dass sie die Lohnminderung, die dadurch entsteht, in ihrem gesamten Berufsleben nicht mehr aufholen. Zudem hat die Tatsache, dass Mütter oft in Teilzeit arbeiten, negative Auswirkungen. Sie gelten als nicht karriereorientiert und geraten öfter auf den sogenannten mommy track, das Gleis ins berufliche Abseits. Aus dem ganzen Konglomerat resultieren schließlich mickrige Renten, die viele Frauen bis zum Lebensende an ihren Partner binden.

Die Familienarbeitszeit reduziert nun das Risiko der lebenslangen Lohneinbußen, weil beide weiter vollzeitnah arbeiten – und sie verteilt es endlich auf beide Eltern. Was nur gerecht ist, denn warum soll nur die Mutter dafür „bestraft“ werden, dass zwei Menschen eine Familie gründen? ArbeitgeberInnen müssen sich daran gewöhnen, dass Eltern Verantwortung für eine Familie haben und dies ihre Arbeitszeit für eine gewisse Zeit einschränkt. So wird das Stereotyp: „Frau = Mutter = kein Interesse an Karriere“ wirklich wirksam bekämpft. Natürlich könnten Eltern eine solche Konstellation jetzt schon für sich aushandeln. Aber damit müssten sie jeweils allein gegen die mächtigen unbewussten Stereotype angehen. Zusammen geht es besser.

Der einzige Haken an diesem schönen Vorschlag: Er wird in dieser Legislaturperiode natürlich nicht mehr kommen, die CDU winkt nur müde ab. Das Ganze ist bereits Teil des Wahlkampfes. Aber diese Idee ist so wichtig – sie sollte im Wahlkampf ruhig eine Rolle spielen.

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