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Endlich mal eine Altlast weniger

Kommentar

von Stefan Alberti

Senat beschließt Verkauf des Steglitzer Kreisels

Der Steglitzer Kreisel verkauft? Es klingt so unwahrscheinlich, dass man erst mal nach allen möglichen Haken und Fallstricken sucht, die die Sache doch noch platzen lassen könnten. Zu lange steht das Hochhaus schon leer, zu dubios ist die Entstehungs- und Sanierungsgeschichte. Verkauft? Die Ankündigunghabe man schon öfter gehabt, reagierte bei der Senatspressekonferenz eine renommierte Tagesspiegel-Kollegin, die auch im Ruhestand wie seit über 50 Jahren auf die Landespolitik schaut und den Kreisel seit Baubeginn 1968 kennt.

Doch es scheint tatsächlich zu stimmen: Von der langen Liste der Problemfälle Berlins mit dem BER, dem ICC, den teils maroden S-Bahn-Waggons, verschwindet ein Dauerthema. Und noch besser: Während vergangene Woche am Leipziger Platz Bausenator Andreas Geisel (SPD) unter Kritik von Opposition und CDU grünes Licht für einen reinen Bürobau gab, sollen in Steglitz aus früheren Büros Wohnungen werden.

Kleiner Schönheitsfehler: Das wird nichts für den ganz kleinen Geldbeutel. Und wer mag, kann nun dem Senat vorhalten, er hätte eine Quote für Wohnungen mit dem dehnbaren Etikett „bezahlbar“ in den Kaufvertrag reinverhandeln müssen. Die Entgegnung des Finanzsenators, das ohne Grünflächen von großen Straßen umschlossene Hochhaus eigne sich nicht für Familien mit Kindern, zieht nicht wirklich – nicht nur Familien haben wenig Geld.

Der Punkt ist bloß: Nach so langem Leerstand und manchem gescheiterten Lösungsversuch sind trotz Ausschreibung und nach Senatsangaben 14 Interessenten die Druckmöglichkeiten begrenzt. Den Verkauf wegen der fehlenden Bezahlbarquote scheitern zu lassen wäre falsch gewesen – allein deshalb, weil schon die Instandhaltung des leeren Gebäudes viel kostet: Bereits 2010 war von über einer Million Euro jährlich die Rede.

Außerdem gilt: Selbst eine Luxuswohnung mit 25 Euro Miete pro Quadratmeter entlastet den Wohnungsmarkt: Wer in diese zukünftigen, noch gar nicht existierenden Wohnungen einzieht, drängt nicht andere Mieter aus ihren Altbauten.

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