Ist das Derby Tierquälerei?: Galopp unter Schmerzen

Das „Deutsche Derby“ lockte Tausende ZuschauerInnen auf die Horner Rennbahn in Hamburg. Tierschützer halten den Sport für Tierquälerei.

Sinnvoller Sport oder Tierquälerei? Das „Deutsche Derby“ in Hamburg. Foto: Daniel Bockwoldt/dpa

HAMBURG taz | Der Hamburger Tierschutzverein hielt am Sonntag eine Mahnwache vor dem Eingang der Horner Rennbahn ab. Anlass war das „Deutsche Derby“, das höchstdotierte Pferderennen in Deutschland. „Wir wollen den Missbrauch von Tieren als Sport- und Spaßgeräte nicht hinnehmen“, sagt Katharine Krause vom Tierschutzverein. Mit Transparenten und Flyern wiesen Krause und ihre MitstreiterInnen auf die tierschutzrechtlichen Bedenken beim Pferdesport hin.

„Gerade das Derby, bei denen dreijährige Pferde antreten, die noch in der Wachstumsphase sind, ist nicht hinnehmbar“, sagt Krause. Die Pferde würden durch das frühe Training langfristige Beschädigungen und Schmerzen erleiden. Auch den Einsatz von Zungenbändern und Peitschen kritisiert der Tierschutzverein als Tierquälerei.

Das „Deutsche Derby“ gilt als prestigeträchtigstes Pferderennen in Deutschland. Zum 147. Mal wurde es nun ausgetragen. Nur knapp zweieinhalb Minuten dauert das Rennen, 2.400 Meter ist die Strecke lang. Bei keinem anderen Rennen in Deutschland sind Siegprämie und Wetteinsätze so hoch wie beim „Derby“. 650.000 Euro winkten dem Sieger des Rennens. Tausende ZuschauerInnen kamen und konnten an den Wettkassen auf die Pferde wetten.

Allerdings gibt es unter TiermedizinerInnen keine einheitliche Meinung zum Pferdesport. Der Pferdemediziner Dr. Klaus Weigand zum Beispiel verteidigt das Derby. Aus medizinischer Sicht sei frühes Training der Pferde durchaus sinnvoll: „Muskulatur und Sehnen können gestärkt werden, das ist gut für ein Pferd“, sagt Weigand. Zudem verhindere die professionelle Pferdezucht Fehlbildungen und Krankheiten. „Hobbypferde sind häufig anfälliger für Krankheiten, weil die Pflege nicht so umfangreich ist wie bei Turnierpferden“, sagt er.

Auch Tibor Ferencz, Sprecher der Gesellschaft für Pferdemedizin, hält den Pferderennsport zumindest nicht grundsätzlich für Tierquälerei: „Hier in Deutschland existieren Pferde genauso wie Katzen oder Hunde nur noch, weil sie eine menschliche Freizeitgestaltung sind.“ Ausreichende Naturflächen, in denen Pferde leben könnten, gebe es nicht mehr. Von diesem Standpunkt aus komme es auf eine strenge Überwachung des Umgangs mit den Tieren an. „Es gibt eben auch Tricks von schwarzen Schafen“, sagt Ferencz. Manche Reiter und Trainer – „und auch Tiermediziner“, so Ferencz – würden die Regeln des Tierschutzes überschreiten. Die Turniertierärzte seien deshalb nicht nur während des Rennens zu aufmerksamer Überwachung aufgefordert, sondern sollen Verstöße gegen tierrechtliche Bestimmungen konsequent ahnden. Denn: „Das Wohl des Tieres muss immer im Mittelpunkt stehen.“

Gerade das sieht aber die Tierschutzorganisation Peta bei Pferderennen nicht gegeben. Bei Galopprennen dürfen Jockeys den Pferden fünf Peitschenhiebe versetzen. German Racing, der Dachverband für Galopprennsport, betont in seiner Rennordnung, dass „ein reines Draufschlagen, das mit Schmerzen verbunden wäre“, verboten sei.

Peter Höffken, Zoologe und Fachreferent bei Peta, widerspricht dieser Darstellung: Jeder Peitschenhieb, egal wir kräftig, sei mit Schmerz verbunden. „Sie führen dazu, dass die Pferde regelrecht aus Schmerz und Furcht um ihr Leben rennen. Keines der Tiere würde freiwillig diese unnatürlichen Höchstleistungen vollbringen“, sagt Höffken. Auch der Tiermediziner Dr. Maximilian Pick sagt: „Neben dem körperlichen Schmerz erzeugt die Peitsche so etwas wie Psychoterror.“ Dies könne bei Pferden zu Panikattacken führen.

MAXIMILIAN PICK, TIERMEDIZINER

Neben dem körperlichen Schmerz erzeugt die Peitsche so etwas wie Psychoterror

Bereits seit drei Jahren protestiert der Hamburger Tierschutzverein am Derbytag vor der Rennbahn. „2013 gab es bei einem Hürdenrennen während der Derby-Woche in Hamburg einen schweren Unfall, bei dem zwei Pferde starben und drei Jockeys verletzt wurden“, sagt Krause, „und das passiert alles nur, damit einige Leute einen spaßigen Tag verbringen können“. Laut Peta sterben jedes Jahr dutzende Pferde noch am Veranstaltungsort.

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