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Eins mit Stern für Zlatan

ikone Es gibt tatsächlich viel Kritik an Ibrahimović’Auftritten beim Turnier in Frankreich. Dabei liegt es gewiss nicht an ihm, dass sein Team schwächelt. Wenn es jetzt noch einer richten kann, dann er

von David Joram

Da liegt der KIcker, diese normalerweise so fachkundige Fußballzeitschrift, ausnahmsweise mal völlig daneben. Mit den Noten 3,5 (gegen Italien) und 4 (gegen Irland) wurde Zlatan Ibrahimovićbei seinen EM-Auftritten bisher bewertet. Ein brutales Fehlurteil. Der Kiicker reiht sich damit in die lange Reihe jener Erzeugnisse ein, die man nur als Sportlügenpresse bezeichnen kann. Weil sie Zlatan zum Satan machen.

Die französische L’Equipe schreibt: „Zlatan in der Wüste. Der schwedische Stürmer hat noch nicht einen einzigen Schuss in Richtung Tor abgegeben.“ As (Spanien) phrasiert: „Schweden suchte verzweifelt nach Ibrahimović.“ In ähnlichem Stil provozieren viele weitere europäische Blätter die schwedische Legende. Selbst die heimischen Schreiberlinge rufmorden, was das Zeug hält. „Es wird Zeit, dass du endlich besser wirst, Zlatan!“, behauptet etwa die Stockholmer Zeitung Svenska Dagbladet. Und das auch noch in einem plauderhaften Geduze, dass König Zlatan nur die kalte Wut überkommen kann. Wo bitteschön bleibt der Respekt vor Ibrakadabra?

Was die Gazetten betreiben, ist nichts anderes als Gotteslästerung. Ziemlich dreist, nicht mal ein ruhmreicher Trainer wie Carlo Ancelotti würde sich so etwas erlauben. „Glaubst du an Gott?“, hat Ibrahimovićseinen damaligen Coach gefragt. Ancelotti bejahte. „Gut, dann glaubst du ja an mich“, soll Ibras Antwort gewesen sein. Ancelotti hat sie (natürlich) so stehen lassen. Es ist nur nicht ganz geklärt, ob die Frage nun mit Gott oder mit Jesus formuliert wurde. Spielt aber auch keine Rolle.

Der 34-Jährige ist beides (und darüber hinaus sowieso noch König, Legende und der Größte). Das zeigt Ibrahimovićbei dieser EM erneut. Die Sportberichterstatter haben das nur noch nicht mitbekommen. Als höchste Instanz kennen die ja eh nur den „Fußballgott“, diesen nichtssagenden Namenszusatz, der bereits an stolpernde Gestalten wie Alex Meier oder Bastian Schweinsteiger vergeben wird. Weil Meier und Schweini in irgendwelchen banalen Kategorien gelegentlich minimal höhere Werte aufweisen als ihre Kollegen. Angekommene Pässe, gewonnene Zweikämpfe oder gar entscheidende Tore, pfff. Der Jesus-Gott schwebt über alledem.

„Ich ging nach links, er ging mit. Ich ging nach rechts, er ging mit. Dann ging ich noch mal nach rechts, und er ging zum Würstchenstand“

Über einen Zweikampf mit Sami Hyypiä

Die Iren wurden beim 1:1 regelrecht zlatanisiert. Bis zum Gehtnichtmehr traumwandelten sie über den Platz, geblendet vom Heiligenschein des allmächtigen Ibra. Sie krochen sogar so ehrfürchtig vor ihm dahin, dass einer der Iren den Ball gleich selbst in die eigene Kiste schoss. Welch wundersames Gottesgeschenk die Schweden da wieder von ihrem Ibra erhalten hatten!

Zlatans sonstige Spielweise? Uninteressant. Im Fußball geht’s um Tore. Ja, zugegeben, dafür ist bei den Schweden eigentlich Ibrahimovic zuständig. Aber selbst er benötigt Vorlagengeber. Die haben die Blau-Gelben aber nicht, weil sich zuviele provinzielle Knäckebrot-Kicker in der Mannschaft tummeln. Also legt Zlatan göttlich auf. Obwohl er weiß, dass keiner seiner Mitspieler in der Lage wäre, seine brillanten Pässe zu verwerten.

Vor dem Italien-Spiel stellte Ibrahimovićfest, dass anstelle des leicht zu zlatanisierenden irischen Eigentorschützen Ciaran Clark die italienischen Catenaccio-Weltmeister Buffon, Barzagli und Chiellini verteidigen würden. Die verwandeln nicht mal göttliche Vorlagen ins eigene Tor. Also gab Ibra den Jesus und opferte sich. Grazil schwebte er durch die italienische Abwehrreihe und stoppte so die Angriffsbemühungen der Squadra Azzurra schon in deren eigener Hälfte. Brillant. Aber die Italiener sind eben die Italiener. 1:0. Diese alte Fußballregel war dann doch nicht zu brechen. Weshalb Ibras 116. Länderspiel möglicherweise sein letztes ist.

Dass Schweden überhaupt bei dieser EM mitspielen kann, haben er und sein Nationalteam nur einem zu verdanken – Zlatan. Von den vier schwedischen Toren in den Playoff-Spielen um die Qualifikation gegen Dänemark schoss er drei höchstselbst.

Natürlich ist er auch Rekordtorschütze seines Landes. 62 Tore hat er in 113 Spielen für Schweden geschossen – darunter das schönste Tor aller Zeiten. Der Fallrückzieher aus 30 Metern Entfernung im November 2012, der im englischen Tor einschlug, wird ewigt unvergesslich bleiben. Dass er in diesem Spiel beim 4:2-Erfolg der Schweden alle vier schwedischen Treffer erzielt hat, ist eh klar.

Wenn es einem gelingen kann, das letzte Gruppenspiel bei dieser EM gegen Belgien für Schweden zu entscheiden, dann einzig und allein ihm. Andernfalls wäre das EM-Aus besiegelt. Gut möglich, dass sich Zlatan dann in den Länderspielruhestand verabschiedet. Sie werden schon sehen, wie es ohne ihn gehen soll.

Und noch etwas: Egal, wie das Spiel gegen Belgien verlaufen wird – die taz-Note für Zlatan steht jetzt schon fest. Es ist eine Eins mit Stern.

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