: Don Pepe, wir hätten da eine Bitte
Besuch Pepe Mujica ist in Berlin. Als Präsident von Uruguay hat er einen alten Kiffertraum wahr werden lassen und Cannabis legalisiert. Wir sind total inspiriert und haben ihm einen Brief geschrieben. Vielleicht kann er die Berliner Politik in Sachen Hanf beraten
Lieber Don Pepe,
seit sie das Präsidentenamt an den Nagel gehängt haben, reisen Sie um die Welt und werden überall herzlich empfangen. Auch wir wünschen Ihnen einen angenehmen Aufenthalt in unserer Stadt, die übrigens nur wenig mehr Einwohner hat als ihr Heimatland am Río de la Plata. Und wir hätten da eine kleine Bitte an Sie.
Bekanntlich sind Sie nicht nur als bescheidenster Präsident aller Zeiten in die Annalen eingegangen, sondern auch als der Mann, der die Cannabisprohibition aufgehoben hat. Uruguay ist das erste und bislang einzige Land der Welt, dessen BürgerInnen nicht nur Gras konsumieren, sondern es in vernünftigen Mengen anbauen und bald auch in der Apotheke erwerben dürfen – mit staatlichem Kontrollsiegel! Wie man hört, ist Uruguay daran nicht untergegangen.
Hier in Berlin wird auch nicht wenig gekifft, das haben Sie in den vergangenen Tagen vielleicht selbst gemerkt. Aber mehr als ein bisschen geduldeter Konsum ist in dieser hippen Stadt nicht drin. Stattdessen scheitern regelmäßig alle Versuche, eine kontrollierte Abgabe zu etablieren, schon um das Elend des illegalen Handels zu unterlaufen. Da können wir noch sehr, sehr viel von Ihnen lernen, auch wenn Sie selbst, wie man hört, gar keinen Gefallen an den bewusstseinserweiternden Pflänzchen finden.
„Keine Sucht ist empfehlenswert, außer der nach Liebe“, haben Sie mal sehr hübsch formuliert und hinzugefügt, der Konsum von Drogen wie Alkohol oder Cannabis sei trotzdem eine Realität – eine Realität, mit der Ihre Regierung einen lobenswert pragmatischen Umgang gefunden hat.
Nun unsere Bitte: Sprechen Sie doch mal mit Herrn Müller, unserem jungen Bürgermeister, der von einem alten Hasen wie Ihnen noch viel lernen kann. Er kann das Problem zwar nicht allein lösen, aber ein bisschen mehr Leidenschaft für eine sinnvolle Sache kann nie schaden.
Lassen Sie die Chance nicht ungenutzt, säen Sie ein bisschen Vernunft!
José Alberto Mujica Cordano oder einfach Pepe Mujica war mal Guerillero, saß viele Jahre im Knast, wurde später Abgeordneter, Minister und, mit 74 Jahren, Präsident von Uruguay. In seiner Amtszeit (2010–2015) beeindruckte er mit seinem einfachen Lebensstil (VW Käfer).
Eine der bemerkenswertesten Reformen seiner Regierung war die Cannabis-Entkriminalisierung. UruguayerInnen, die sich registrieren lassen, dürfen eine kleine Zahl von Hanfpflanzen anbauen, außerdem steht der Verkauf von staatlich kontrollierten Cannabisprodukten in Apotheken kurz vor dem Start.
Heute Abend um 20 Uhr wird Pepe Mujica einen öffentlichen Vortrag im Iberoamerikanischen Institut (IAI) an der Staatsbibliothek halten. Für die mehreren Tausend Personen, die laut Facebook daran teilnehmen wollen, wird allerdings kaum Platz sein. (clp)
Mit herzlichen Grüßen
Ihr Claudius Prößer
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