Ökostrom-Neuerungen: Netzausbau hakt, EEG-Reform kommt

Eine wichtige Nord-Süd-Stromtrasse geht erst 2025 in Betrieb. Die Regierung will Ökostrom weniger fördern. Kohle-Verstromung gibt's weiter.

Ein Strommast gegen einen orange gefärbten Abendhimmel

So romantisch können Stromtrassen sein! Jedenfalls in Bayern bei Bad Staffelstein Foto: dpa

FREIBURG taz | Die beiden strittigsten Themen der deutschen Stromwirtschaft sorgen wieder für Schlagzeilen. Zum einen verzögert sich der Ausbau der Transportnetze: Die Inbetriebnahme der sogenannten SuedLink-Trasse von Norddeutschland nach Bayern und weiter nach Baden-Württemberg wird sich laut einem Bericht der Bundesnetzagentur um drei Jahre auf 2025 verschieben. Auch bei anderen geplanten Leitungen gibt es mehrjährige Verzögerungen. Auf die Energiewende hat das allerdings kaum Auswirkungen.

Das gilt aber nicht für das zweite Thema: Am Mittwoch soll die Novelle des Er­neuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) im Kabinett beschlossen werden. Sie dürfte vor allem die Windkraft in Deutschland bremsen. Offiziell soll durch die Reform die EEG-Umlage begrenzt werden, die ab 2009 steil angestiegen ist. Kritiker nutzen die Höhe der Umlage gerne als Maßzahl für die Kosten der Energiewende.

Dass sie dazu gar nicht taugt, geht häufig unter. Man muss nur die Entwicklung der EEG-Umlage mit der Summe der bezahlten Einspeisevergütungen vergleichen: Im Jahr 2009 wurden 10,8 Milliarden Euro an Ökostromerzeuger überwiesen; die Stromkunden mussten dafür eine Umlage in Höhe von 1,32 Cent pro Kilowattstunde zahlen. Im Jahr 2015 erhielten die Erzeuger aufgrund gestiegener Anlagenzahlen 23,5 Milliarden Euro – also gut doppelt so viel wie sechs Jahre zuvor. Doch die EEG-Umlage verdoppelte sich nicht nur, sie verfünffachte sich fast auf 6,35 Cent. Das heißt: Wäre die EEG-Umlage nur im Gleichschritt mit den Auszahlungen an die Anlagenbetreiber gestiegen, läge sie heute nur bei knapp 3 Cent.

Was ist passiert? Die Zahlen begannen auseinanderzudriften, als zum Jahr 2010 der sogenannte Wälzungsmechanismus verändert wurde, die kaufmännische Abwicklung des EEG-Stroms. Seither kaufen die Stromversorger keinen EEG-Strom mehr, sie sammeln nur noch das Geld für das Umlagesystem ein. Ihren Strom beschaffen sie sich von konventionellen Kraftwerken, unabhängig von der Menge des erzeugten Ökostroms. So befördert dieses Modell die Überproduktion von Strom und damit den Preisverfall im Großhandel. Da die EEG-Umlage aber die Differenz zwischen den Einspeisevergütungen und dem Marktwert des Stroms auffangen muss, steigt sie, wenn der Börsenpreis fällt.

EEG-Umlage taugt nicht als Maßzahl für die Kosten der Energiewende

Mit bizarren Konsequenzen: Für das Jahr 2014 haben Energieexperten des Berliner Energy Brainpool ausgerechnet, dass lediglich 13 Prozent des Anstiegs der EEG-Umlage tatsächlich aus dem Bau von neuen Ökokraftwerken resultierten, aber 52 Prozent aus dem gesunkenen Börsenpreis. Weitere 25 Prozent waren Folge von immer mehr Ausnahmen für privilegierte Industriebetriebe.

Um die EEG-Umlage zu senken, ohne den Ausbau der Erneuerbaren zu bremsen und ohne die Industrieausnahmen ganz abzuschaffen, gibt es eine wirkungsvolle Option: Es müssten lediglich die Überkapazitäten in der Kohleverstromung abgebaut werden. Weil sich damit das Preisniveau im Strom-Großhandel normalisieren würde, könnte die Umlage sinken. Eine bessere deutsche Klima­bilanz käme als ­Bonus obendrauf.

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