piwik no script img

Stellenweise verboten

Entscheidung Gericht untersagt Teile von Böhmermann-Gedicht

HAMBURG | Das Landgericht Hamburg hat auf Antrag des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan eine einstweilige Verfügung gegen den ZDF-Moderator Jan Böhmermann erlassen. Böhmermann (35) darf den größeren Teil seines Gedichts „Schmähkritik“ nicht wiederholen, wie das Gericht am Dienstagabend mitteilte. Das Gedicht hatte Böhmermann am 31. März in seiner Sendung „Neo Magazin Royale“ vorgetragen. Bei dem Beschluss geht es um Passagen, die Erdoğan nach Einschätzung des Gerichts wegen schmähenden und ehrverletzenden Inhalts nicht hinnehmen müsse (Az.: 324 O 255/16). Das Gericht habe zwischen der Kunst- und Meinungsfreiheit und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Antragstellers abwägen müssen, hieß es zur Begründung.

Jan Böhmermann will die einstweilige Verfügung nicht hinnehmen. Dem Hamburger Landgericht seien bei seiner Entscheidung schwere handwerkliche Fehler unterlaufen, sagte Böhmermanns Anwalt Christian Schertz am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Schertz will Erdoğan nun über das Gericht eine Frist von vier Wochen setzen lassen. Innerhalb dieser Zeit müsse der türkische Präsident dann eine sogenannte Hauptsacheklage erheben. Sollte er das nicht tun, verfalle die Verfügung. Notfalls wolle er auch bis zum Bundesverfassungsgericht gehen, kündigte Schertz an. Der Anwalt nannte die Verfügung „eklatant falsch“. Das Gericht habe zwar festgestellt, dass das Gedicht ein Kunstwerk sei, es dann aber zerlegt, um Teile davon isoliert zu verbieten.

In dem Verfahren gegen Böhmermann wegen Beleidigung ist indes keine schnelle Entscheidung über eine Anklage zu erwarten. „Eine Prognose, wann die Entscheidung über das Bestehen eines hinreichenden Tatverdachtes möglich ist, kann derzeit nicht exakt angestellt werden“, teilte die Staatsanwaltschaft Mainz am Mittwoch auf Anfrage mit. (dpa)

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen