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Schweden ringt um Vattenfall-Verkauf

Energie Die Regierung beruft sich auf juristische Zwänge. Das findet die Opposition scheinheilig

Energiehaltig: Braunkohle aus Sachsen Foto: Dominik Butzmann/laif

STOCKHOLM taz | Schweden steckt in der Zwickmühle. Bis Ende Juni will die Regierung über den vorgesehenen Verkauf der deutschen Braunkohlesparte des Staatsunternehmens Vattenfall beschließen. Und ein Ja würde nicht nur für den schwedischen Steuerzahler teuer werden, der dafür fast zwei Milliarden Euro lockermachen soll, sondern auch gegen das Pariser Klimabkommen verstoßen.

Darauf wiesen jetzt eine Reihe von Klimaforschern, darunter Hans-Joachim Schellnhuber, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, die schwedische Regierung in einer gemeinsamen Erklärung nochmals hin. Der vorgesehene Käufer, die tschechische EPH-Gruppe, plane eine Expansion der klimaschädlichen Kohleverstromung. Dafür den Weg zu freizumachen, untergrabe die internationalen Verpflichtungen, die Schweden in Paris übernommen habe.

Der Trick, mit dem man in Stockholm das Thema klimapolitischer Konsequenzen des Verkaufs umgehen möchte, heißt „Eigentümerdirektive“. In diesem Papier, in dem die Grundzüge der Lenkung des staatlichen Vattenfallkonzerns durch die Regierung festgelegt sind, heißt es: „Vattenfall soll eine marktmäßige Rendite durch ein kommerzielles Energiegeschäft erwirtschaften, die das Unternehmen zu einem führenden unter den Unternehmen macht, die die Entwicklung hin zu einer haltbaren Energieproduktion vorantreiben.“

Diese Direktive gilt ausnahmslos für alle Geschäfte, also auch den Verkauf von Unternehmensteilen. Weshalb Stockholm eigentlich zu prüfen hätte, ob der Verkauf der Braunkohlesparte sowohl grundsätzlich die Entwicklung zu einer haltbaren Energieproduktion vorantreibt, als auch, ob die Käufer für eine solche Zielsetzung zuverlässige Geschäftspartner sind.

Beides zu bejahen, dürfte nicht nur schwierig, sondern unmöglich sein. Das hat man offenbar auch in der Regierung erkannt, weshalb sie die „Eigentümerdirektive“ kurzerhand umdeuten will. Die sei nicht als Gesamtheit zu verstehen, sondern bestehe vielmehr aus zwei Teilen mit unterschiedlicher Gewichtung: Vattenfall solle in erster Linie Rendite erwirtschaften und in zweiter Linie Geschäfte betreiben, die die globale Entwicklung zu haltbarer Energieproduktion voranbringen. Sei von der Regierung zu bejahen, dass ein Verkauf für Vattenfall wirtschaftlich vorteilhaft wäre, dürfte sie andere Kriterien – beispielsweise klima- und umweltpolitische Belange – überhaupt nicht mehr berücksichtigen.

Ein Eigentümer, dem bei geschäftlichen Weichenstellungen seines Unternehmens so die Hände gebunden sein sollen? Das ist juristischer Unsinn, empört sich Sophie Nachemson-Ekwall, Forscherin für Gesellschaftsrecht: für einen Juristen „eine regelrechte Beleidigung“.

Es sei „Quatsch“, dass die Regierung über ökonomische Aspekte hinaus keinen Einfluss auf den Verkauf nehmen könne, sagt auch Lars Hjälmered, energiepolitischer Sprecher der oppositionellen Konservativen. Natürlich könne die Regierung „von vorne bis hinten allein“ bestimmen.

Kritiker sehen eine Verletzung des Pariser Klimaschutz-Abkommens

Gleicher Meinung ist Birger Lahti, Energieexperte der Linken: Mit welcher Begründung auch immer könne Stockholm entscheiden, dass Vattenfall die Braunkohle behalten soll. „Es genügen ein paar Sätze in einem Protokoll“, bestätigt Daniel Stattin, Wirtschaftsrechtsprofessor an der Universität Uppsala. Und auch Vattenfall-Vorstandsvorsitzender Lars G. Nordström stellt die Regierungsargumentation als pure Ausrede bloß: „Der Staat ist Eigentümer. Die Regierung kann entscheiden, dass wir nicht verkaufen sollen.“

Reinhard Wolff

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