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AfD verstärktrechte Dehnübungen

Netzwerk AfD Sachsen-Anhalt will prominente Rechts­intel­lek­tuelle zum Mitglied machen. Thüringen knüpft Band zu Pegida

Fühlen sich im Aufwind: AfD-Männer Björn Höcke und André Poggenburg (rechts) Jens Büttner/dpa Foto: Foto:

Von Sabine am Orde

BERLIN taz | Aus seinen Sympathien für das Institut für Staatspolitik (IfS) hat André Poggenburg noch nie ein Hehl gemacht. Der Thinktank der Neuen Rechten ist auf dem Rittergut Schnellroda in Sachsen-Anhalt beheimatet. AfD-Politiker vom rechten Parteiflügel nehmen immer wieder an Veranstaltungen des IfS teil. Poggenburg, AfD-Landeschef in Sachsen-Anhalt, war zu Gast, der Thüringsche Landes­chef Björn Höcke hat dort seine rassistische Rede über das Reproduktionsverhalten von Europäern und Afrikanern gehalten.

Jetzt hat Poggenburg einen neuen Anlauf gestartet, Ellen Kositza, die Hausherrin des Rittergutes, in seine Partei aufzunehmen. Der Landesparteitag der AfD soll am Samstag die Aufnahme von Kositza bestätigen. So sieht es Punkt 15 der Tagesordnung vor.

Es ist ungewöhnlich, dass ein Parteitag über einzelne Mitgliedschaften berät, doch die von Kositza ist etwas Besonderes. Denn sie und ihr Ehemann Götz Kubitschek, Schlüsselfiguren der Neuen Rechten, wollten bereits vor anderthalb Jahren AfD-Mitglieder werden. Der zuständige Halle-Saale-Kreis nahm sie auf, doch der Bundesvorstand legte sein Veto ein. Bernd Lucke, der inzwischen vertriebene ehemalige Parteichef der AfD, wollte die Partei – zum Ärger von Poggenburg und Höcke – vom rechten Rand abgrenzen.

„Ellen Kositza ist eine nationalkonservative Intellektuelle. Rechtsextremes Gedankengut kann ich bei ihr nicht sehen“, sagte Poggenburg jetzt der taz. „Dieser falsche Beschluss muss revidiert werden.“ Anders als Kubitschek halte Kositza an ihrem Beitrittswunsch fest.

Die neurechte Publizistin, nach eigenen Angaben „aus Offenbach geflohen“, weil es dort in der Innenstadt „90 Prozent Ausländer“ gebe, ist Autorin der Zeitschrift Sezession, die vom IfS herausgegeben wird. Gemeinsam mit Kubitschek zieht sie auf dem Rittergut ihre sieben Kinder groß, die altdeutsche Namen wie Alruhn und Brunhild tragen und denen sie – wie sich selbst – den Mund mit Seife auswäscht, wenn sie Schimpfwörter benutzen. Das hat sie jüngst in einem Video demonstriert.

Wenn sich der Landesparteitag dafür ausspricht, will Poggenburg Kositzas Mitgliedschaft im AfD-Bundesvorstand zum Thema machen. Das dürfte eine angeregte Diskussion werden: Dem Vernehmen nach hatte Parteichefin Frauke Petry damals mit Lucke gegen die Aufnahme der beiden Neurechten gestimmt.

Auch Hans-Thomas Tillschneider, Sprecher der Patriotischen Plattform und einer der 25 AfD-Abgeordneten im Landtag Sachsen-Anhalts, knüpft weiter an rechten Netzwerken. Tillschneider trat in der vergangenen Woche als Redner bei einer Pegida-Demonstration in Dresden auf, dankte der rassistischen Bewegung dafür, dass sie der Islampolitik der AfD den Boden bereitet habe und schlug Pegida-Gründer Lutz Bachmann für das Bundesverdienstkreuz vor. Dieser ist gerade vom Amtsgericht Dresden wegen Volksverhetzung verurteilt worden.

„Entweder entschärft sich der Islam oder er muss verschwinden“

Björn Höcke, AfD

Poggenburg, der auch Fraktionschef in Magdeburg ist, hat gegen den Auftritt „grundsätzlich nichts einzuwenden“: „Ich habe schon immer gesagt, dass große Schnittmengen zwischen Pegida und der AfD bestehen.“

Petry dagegen sieht das anders. Im Namen der sächsischen AfD-Fraktion, deren Vorsitzende sie auch ist, schrieb sie einen scharfen Beschwerdebrief an Poggenburg. Tillschneiders Auftritt sei ein „Affront“ und habe der Partei geschadet.

Am Mittwoch nun ist bei einer Kundgebung der AfD in Erfurt erstmals ein Pegida-Wortführer als Redner aufgetreten. Siegfried Däbritz kündigte eine „Aufklärungskampagne“ an, um den Bau einer Moschee in der thüringischen Landeshauptstadt „zu verhindern“. Auch AfD-Landeschef Höcke lehnt die Moscheepläne ab. Er sei in Sorge, dass am Erfurter Dom künftig der Halbmond als Symbol des Islams zu sehen sein werde, so Höcke. „Entweder entschärft sich der Islam oder er muss sich verabschieden.“

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