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Unendliches Schlingern

MUSLIM-VERTRÄGE

Auf staatliche Anerkennung müssen Niedersachsens Muslime weiter warten: Zwar bekannte sich SPD-Kultusministerin Frauke Heiligenstadt am Mittwoch im Landtag ausdrücklich zu den „Staatsverträgen“, die die rot-grüne Landesregierung mit dem Landesverband der Muslime (Schura), dem Dachverband der türkischen Moscheegemeinden (Ditib) und den Alevitischen Gemeinden schließen will. Diese drei bekennen sich zu Demokratie und Grundgesetz – im Gegenzug bekräftigt das Land Rechte etwa zu Moscheebau und Islamunterricht. Ob die Verträge aber noch in diesem Jahr unterschrieben werden, steht in den Sternen.

Zuletzt hatte die Staatskanzlei von SPD-Ministerpräsident Stephan Weil für Irritationen gesorgt: „Nicht zu erwarten“ sei, „dass die Vereinbarungen kurzfristig unterzeichnet werden können“, hatte Weils Sprecherin Anke Pörksen nach Neuwahlen im Schura-Vorstand verkündet: Der langjährige Vorsitzende Avni Altiner war dabei vom bisherigen Schura-Geschäftführer Recep Bilgen abgelöst worden. Dieser ist 45 und Ingenieur – und gehört der islamischen Gemeinschaft Millî Görüş an, die bis 2014 vom Verfassungsschutz beobachtet wurde und der Partei des umstrittenen türkischen Präsidenten Erdoğan nahesteht.

Die niedersächsische Opposition fordert selbst seit Monaten Nachbesserungen an den Verträgen – quittierte den jüngsten Schlingerkurs aber gleichwohl spöttisch: „Was machen Sie eigentlich, wenn die katholische Kirche einen Papst wählt, der Ihnen nicht passt? Kündigen Sie dann das Konkordat“, fragte etwa Stefan Birkner (FDP). Und CDU-Fraktionschef Björn Thümler polterte: „Entweder ist das ein vernünftiger Vertrag oder es gibt am Ende gar keinen Vertrag“ – SPD und Grüne wollen die Vereinbarungen einstimmig durchs Parlament bringen.

Jetzt sollen Gespräche mit Bilgen, Thümler und Birkner „neues Vertrauen“ schaffen. Wie lange das dauert? „Wenn man das“, sagt Sprecherin Pörksen, „so genau wüsste.“ WYP

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