: Voll daneben statt "Volles Programm"
Kommentar
von Stefan Alberti
Grüne wollen Sperre nach Pro-bono-Arbeit
Ja, eine Opposition muss kritisch sein. Sie muss genau hinschauen, sie muss kontrollieren. Was sie nicht muss, ist sinnentleert zu blockieren. Genau darauf aber zielt der Grünen-Antrag, jene Unternehmen bis zu einem halben Jahr für direkte öffentliche Aufträge zu sperren, die zuvor ehrenamtlich – pro bono – für den Senat tätig waren.
Dieser Vorstoß konterkariert jegliches gesellschaftliches Engagement und stempelt es als von anderen Interessen geleitet ab. Natürlich kann man Unternehmen per se als die Bösen betrachten, kann bestreiten, dass es so etwas gibt, was dort unter corporate social responsibility läuft, also unternehmerischer gesellschaftlicher Verantwortung. Und ja, es gibt sicherlich Einzelne, die „pro bono“ sagen und Auftragsakquise meinen.
Das aber auf alle und jeden zu beziehen, hat mit Skepsis nichts mehr zu tun – das ist bloßer Zynismus. Unternehmen von direkten Aufträgen auszuschließen, also jenen ohne Ausschreibung, führt nur dazu, dass die sich von „pro bono“ verabschieden müssen. Denn ehrenamtliches Engagement würde dann bedeuten, die eigene Auftragsgrundlage zu beschneiden.
Das Schlimmste ist, dass die Grünen genau jene belohnen, die sich eben nicht engagieren. Durch die Pro-bono-Tätigkeit, so befürchten sie, entstehe ein Wissensvorsprung, der die Chancen anderer auf einen Auftrag mindert. Dass genau dieser Vorsprung dem Land oder konkreter im Fall McKinsey den Flüchtlingen zugutekommt, scheint egal. Dabei läge es doch nahe, statt einer Sperre Engagement auch anderer Unternehmen zu fordern und einen Wettbewerb um diesen Wissensvorsprung zu befeuern.
Wie abstrus das alles ist, zeigt ein Vergleich: Die Caritas hat eine ganze Reihe jener Leute eingestellt, die zuvor ehrenamtlich Flüchtlingen vor dem Lageso halfen. Nach Grünen-Maßstäben hätte sie genau diese eingearbeiteten, engagierten Helfer meiden müssen.
„Volles Programm Berlin!“ haben die Grünen als Motto für die Abgeordnetenhauswahl ausgegeben. Ihr Antrag zu „pro bono“ aber ist nur eins: voll daneben.
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