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Böhmermann unnachgiebig

Satire Erdoğan-Anwalt rechnet mit Prozess

BERLIN | In der Kontroverse um das Schmähgedicht des ZDF-Moderators Jan Böhmermann über Recep Tayyip Erdoğan rechnet der deutsche Anwalt des türkischen Staatschefs mit einem zivilrechtlichen Prozess. Bis zum Ablauf der Frist vergangene Nacht habe Böhmermann keine Unterlassungserklärung abgegeben, sagte Michael-Hubertus von Sprenger am Donnerstag der Nachrichtenagentur AFP. Nun bereite er eine einstweilige Verfügung vor, die innerhalb eines Monats eingereicht werden müsse.

Auf die Frage, ob die Angelegenheit am Ende in einem Prozess geklärt werde, sagte von Sprenger: „Ja, davon gehe ich aus.“ Bei der Unterlassungserklärung handelt es sich um die zivilrechtliche Seite des Falls, der in Deutschland hohe politische Wellen schlägt. Böhmermann sollte sich dabei verpflichten, das Schmähgedicht über Erdoğan nicht zu wiederholen oder erneut zu verbreiten.

Die Süddeutsche Zeitung und Spiegel Online zitierten am Donnerstag aus einem Schreiben, in dem Böhmermanns Anwalt Christian Schertz die geforderte Unterlassungserklärung ablehnt. „Es ist hierbei offensichtlich übersehen worden, dass das Gedicht nicht solitär verbreitet wurde, sondern in einer Gesamtdarstellung, über das, was in Deutschland erlaubt ist und was nicht“, heißt es demnach knapp.

Böhmermann hatte Erdoğan in einem Gedicht, das er als „Schmähkritik“ angekündigt und in den Kontext einer Diskussion über die Grenzen von Satire und Meinungsfreiheit gestellt hatte, mit Worten unter der Gürtellinie angegriffen. Neben der zivilrechtlichen Auseinandersetzung drohen dem ZDF-Moderator auch strafrechtliche Konsequenzen.

Die Bundesregierung prüft derzeit ein Begehren der Türkei, Böhmermann wegen Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhaupts zur Verantwortung zu ziehen. Erdoğan stellte zusätzlich auch persönlich Strafanzeige wegen Beleidigung. (afp)

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