: Amt prüft Milch-Riesen
KARTELL-VERFAHREN
Als das Bundeskartellamt am Donnerstag bekannt gab, den Milchmarkt im Allgemeinen und das Deutsche Milchkontor (DMK) besonders zu überprüfen, ging der Branchenriese aus dem niedersächsischen Zeven in die Vorwärtsverteidigung: Das Pilotverfahren „ist im Sinne von uns allen“, jubilierte der Aufsichtsratsvorsitzende Otto Lattwesen, und auch Geschäftsführer Josef Schwaiger konnte sein Glück kaum fassen. Dem DMK liege ja „daran, dass die Verträge mit unseren Milchlieferanten und Anteilseignern auf einer rechtssicheren Grundlage abgeschlossen“ würden.
Tatsächlich wundern sich die Wettbewerbshüter über deren Konditionen, an denen sich wenig geändert hat, seit im vergangenen Jahr die EU-Milchquotenregelung ausgelaufen ist. Hinweise auf ein Ungleichgewicht zu Ungunsten der Bauern hatte das Bundeskartellamt schon 2012 gefunden, aber da waren einige Verstöße der Molkereien verjährt. Andere blieben anonym – aus Angst, dass die Molkereien aufmüpfige Milchlieferanten boykottieren, bis die in ihrem Quark ersticken. So wie es das DMK, damals noch „Nordmilch“, 2006 vorexerzierte: Da wollte mit Claus-Peter Jensen aus Sörup einer was. Also wurde die Abholung eingestellt, die Mitgliedschaft aber aufrecht erhalten – Jensen durfte seine Milch niemand anderem anbieten. Er hat heute einen Erdbeer- und Himbeerhof.
Solche 100-prozentigen „Andienungspflichten“ erregen den Argwohn der Kartellbehörde: Sie „beschränken den Handlungsspielraum der Landwirte“, sagt Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamts. Dadurch und durch allzu transparente Preise werde „eine wirksame Mengensteuerung über den Markt behindert“, was als Ursache der aktuellen Krise am Milchmarkt gilt. Die werde das Verfahren „nicht lösen“, sagt Mundt, es könne aber „dazu beitragen“, dass der Markt „mittelfristig besser funktioniert“.
Tatsächlich weigert sich das DMK, mit rund sieben Milliarden Kilo verarbeiteter Milch größter Player des deutschen Markts, etwas gegen die Überproduktion zu tun: Es lasse „alles weiterlaufen wie gehabt und trägt damit wissentlich dazu bei, dass die Erzeugerpreise der Milchbauern weiter fallen“, stellte Ottmar Ilchmann fest, stellvertretender Bundesvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) und selbst Milchbauer im ostfriesischen Rauderfehn. bes
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