Textilindustrie in Bangladesch: Die meisten Fabriken sind mangelhaft

Drei Jahre nach dem Rana-Plaza-Einsturz haben nur die wenigsten Textilfabriken die Mängel behoben. Strittig ist, wer die Reparaturen bezahlen soll.

Eine Frau sitzt an einer Nähmaschine

Nur selten ein sicherer Arbeitsplatz: Näherin in einer Fabrik in Bangladesch Foto: reuters

BERLIN taz | Auch drei Jahre nach dem Einsturz des Fabrikgebäudes Rana Plaza und zahlreiche politische Initiativen später sind die Zustände in bengalischen Textilfabriken für die ArbeiterInnen häufig unerträglich. Im Februar brannte es gleich zwei Mal in Fabrikgebäuden. Anfang des Monats brach beim H&M-Zulieferer „Matrix Sweaters“ ein Feuer aus, ein Dutzend Menschen wurden verletzt. Eine Stunde später wären es viel mehr gewesen, berichten ArbeiterInnen, denn dann wären 6.000 Menschen in dem achtstöckigen Gebäude gewesen. Drei Wochen später brannte es in einer weiteren Fabrik.

Zwar hat der Einsturz des Rana Plaza, bei dem mehr als 1.100 Menschen starben und gut 2.500 verletzt wurden, die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auch in den Industrieländern auf die Zustände in Bangladesch gelenkt. Nach aktuellen Angaben wurden rund 3.400 Fabriken überprüft und davon 73 wegen gravierender Mängel geschlossen. Von dem Rest haben aber lediglich 31 ihre Mängel beseitigt, während Hunderte den Zeitplan nicht einhalten.

Nach dem Rana-Plaza-Einsturz haben sich die großen internationalen Modekonzerne in zwei Verbünden, kurz „Alliance“ und „Accord“ genannt, für fünf Jahre zusammengeschlossen, um ihre Zulieferer zu kontrollieren und dort Mängel in der Sicherheit zu beseitigen. Beide Verbünde teilten mit, bislang seien bei knapp 2.300 Zulieferern Zehntausende Mängel gefunden worden. In beiden Fällen steht aber knapp die Hälfte der Reparaturen noch aus, und während 24 Fabriken der Alliance inzwischen alle Mängel beseitigt haben, sind es bei Accord nur 7. Unklar ist, wie es um die restlichen knapp 1.100 Fabriken steht, die von der Regierung inspiziert wurden.

Bei Accord sind 1.388 von 1.660 Fabriken in Verzug, obwohl die Arbeiten längst erledigt sein müssten. In einem kürzlich erschienenen Bericht der Alliance heißt es euphemistisch, „Hindernisse, die drohen, Sanierungsarbeiten zu verlangsamen, sind immer vorhanden“. Hier sind knapp die Hälfte der 650 Fabriken im Verzug. Inzwischen bestehen Zweifel, ob die Sanierungsarbeiten noch bis zum Auslaufen der Verbünde erledigt sein werden.

Streit ums Geld

Ein Sprecher von Accord sagte, der Zustand sei „unbefriedigend“, nun werde mit mehr Personal und härteren Deadlines ein höheres Tempo angestrebt. Im schlimmsten Fall würde säumigen Zulieferern der Vertrag gekündigt – eine harte Strafe, da sie dann für Firmen aus beiden Verbünden tabu sind. Die Leiterin des FES-Büros in Bangladesch, Franziska Korn, lobte allerdings die Transparenz über Sicherheitsbedingungen, die durch den Accord geschaffen worden sei.

Ein Grund für die Verspätungen ist aber auch Streit ums Geld. Sowohl Accord als auch Alliance bleiben bei der Frage, wer die Sanierungsarbeiten bezahlen soll, schwammig. Aus Kreisen des Textilexporteurverbandes BGMEA hieß es, dass große Fabriken die Reparaturen auf eigene Kosten und ohne Beteiligung der Modekonzerne durchführten, während kleinere sich die Arbeiten nicht leisten könnten. Viele Fabrikanten beschweren sich zudem, dass die Konzerne weiter Jahr für Jahr versuchen, die Kaufpreise zu drücken.

Außerdem sind die exportorientierten Fabriken nur ein Teil des Problems: Hunderttausende Menschen arbeiten in informellen Stätten, die den größeren Fabriken zuliefern oder für den Inlandsmarkt produzieren. Eine Erhebung der New York University fand im letzten Jahr heraus, dass es rund 3.000 Fabriken und eine Million ArbeiterInnen mehr gibt, als bisher angegeben. Von den schleppenden Sicherheitsarbeiten in den Exportfabriken merken sie nichts.

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