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Über 60 Tote bei Luftangriffen auf Märkte

SYRIEN Bombardierte Orte sind Hochburgen des Widerstands gegen Assad und Dschihadisten

BERLIN taz | Es ist vermutlich der schwerste einzelne Verstoß gegen die Feuerpause in Syrien, die seit dem 27. Februar in Kraft ist. Am Dienstag kamen bei Luftangriffen auf Märkte in zwei Städten in der Provinz Idlib im Nordwesten des Landes 66 Menschen ums Leben, wie das Syrische Observatorium für Menschenrechte am Mittwoch berichtete. Maarat al-Numan und Kafranbel werden von Rebellengruppen kontrolliert.

Die meisten Opfer gab es in Maarat al-Numan. Der Angriff mit zwei Raketen erfolgte um die Mittagszeit, als viele Bewohner der Stadt, darunter Familien, beim Einkaufen waren. „Auf der ganzen Straße lagen verbrannte Körper“, sagte Mohammad Karkas, ein Medienaktivist, gegenüber der Washington Post. „Da waren Leute, die Arme und Beine verloren haben.“

Es war zunächst unklar, ob das Regime von Präsident Baschar al-Assad oder Russland hinter den Angriffen stehen. Ein Sprecher des US-Außenministeriums sagte, die Luftangriffe gingen wahrscheinlich auf das Konto der syrischen Luftwaffe. Die USA gingen aber weiter davon aus, dass die Feuerpause zwar brüchig sei, aber größtenteils halte.

Von der Waffenruhe ausgenommen ist der „Islamische Staat“ (IS) und die Al-Nusra-Front, der syrische Ableger von al-Qaida. Damaskus und Moskau behaupten, sie würden lediglich diese beiden Gruppen angreifen. Dem Assad-Regime und seinen Verbündeten wurde seit der russischen Militärintervention im Herbst jedoch immer wieder vorgeworfen, stattdessen gemäßigte Rebellengruppen zu attackieren. Bei Maarat al-Numan und Kaf­ran­bel ist dies eindeutig der Fall; beide Orte stehen für den Widerstand nicht nur gegen Assad, sondern auch gegen die Al-Nusra-Front und den IS.

In Maaret al-Numan kam es seit Anfang März wiederholt zu großen Demonstrationen gegen die Al-Nusra-Front, die sich schließlich zurückziehen musste. Kafranbel wiederum ist seit Langen auch jenseits der Grenzen Syriens bekannt. Hier dokumentiert eine Gruppe von Aktivisten immer wieder mit Sprüchen und Karikaturen auf Plakaten oder humoristischen Videos das ak­tuel­le Geschehen. „De Misturas Vorstellungen von der Realität sind wie die Windmühlen für Don Quixote“, hieß es beispielsweise auf einem Transparent vom 14. Februar 2015 in Anspielung auf den Syrien-Sondergesandten anlässlich einer früheren Verhandlungsrunde in Genf. Beate Seel

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