Regierungschef im Zweifrontenkampf

SPD Parallel zu seinen Vorsitzambitionen verteidigt sich Müller gegen Veruntreuungsvorwürfe

Früh morgens noch in Sachen SPD-Parteivorsitz unterwegs (siehe Seite 23), kämpfte Michael Müller wenige Stunden später im Abgeordnetenhaus an einer ganz anderen Front: Erstmals nahm der Regierungschef selbst zu Vorwürfen der Boulevardzeitung B.Z. gegen ihn Stellung und wies eine angebliche Veruntreuung von Steuergeldern zurück. Diffamierend seien die Vorwürfe, sagt Müller, sie würden nicht nur seine Person, sondern das Amt des Regierenden Bürgermeisters an sich treffen.

Die B.Z. hatte nahegelegt, Müller könnte sich oder seine Familie über sein Abgeordnetenbüro bereichert haben, das sich unter derselben Adresse wie die familieneigene „Buchdruckerei Müller“ in Tempelhof findet. Zudem wird ihm vorgeworfen, er habe seine beiden Rollen als Parlamentarier und Regierender vermischt, als im Auftrag und auf Kosten der Senatskanzlei ein Medienanwalt der B.Z. im Juli 2015 einen Brief zu deren Recherchen schrieb.

Bislang hatte nur Senatssprecherin Daniela Augenstein dazu Stellung genommen. Nun übernahm das Müller in der Parlamentssitzung selbst auf eine Frage eines Linkspartei-Abgeordneten hin. „Es geht einigen darum, die Reputation des Regierenden Bürgermeisters zu beschädigen“, sagte Müller. Er kritisierte zudem, dass die B.Z. Grundrisse des Büros und der Druckerei veröffentlicht habe. Das sei für ihn „sicherheitsrelevant“: Er und seine Familie würden nicht ohne Grund von Sicherheitsleuten begleitet.

Ihm und seinem im Januar verstorbenen Vater sei vorgeworfen worden, sich über die Anmietung des Büros öffentliches Geld in die Taschen zu schaufeln. Tatsächlich habe die Immobilie seiner Familie nie gehört. Er bezahle für das 46 Quadratmeter große Büro 830 Euro monatlich an einen Vermieter, „mit dem ich nicht verwandt oder befreundet bin“, sagte Müller.

Sich bei sich selbst einzumieten wäre Müller nach Parlamentsangaben theoretisch erlaubt. Anders als bei strengeren Vorschriften für Mitarbeiter – Abgeordnete dürfen mit den dafür vorgesehenen Ex­trazuwendungen keine Familienangehörigen bezahlen – gibt es für die Wahlkreisbüros keine solche Vorgaben. Einzige Bedingung: „Es muss ein abgeschlossener Raum sein“, sagte Parlamentspräsident Ralf Wieland der taz. Stefan Alberti