Obergrenze bei Lehrergeschenken: Neue Grenzen für guten Geschmack

Berliner LehrerInnen dürfen künftig Geschenke annehmen, die teurer sind als zehn Euro. Aber wofür bedanken sich die Eltern eigentlich?

Was bekommt man alles für 30 Euro geschenkt? Auch ein Kugelschreiber dürfte drin sein. Foto: dpa

Jedes Jahr kurz vor den Sommerferien und dann noch einmal vor Weihnachten schmeißt meine Schwiegermutter eine Runde, wenn wir bei ihr zu Besuch sind – Pralinenschachteln vom Discounter im Sommer, mit viel Zuckerschrift von Kinderhand ungenießbar verzierte Plätzchen im Winter.

Meine Schwiegermutter ist Grundschullehrerin. Immer wenn die nächsten Zeugnisse anstehen, muss sie sich also der Aufmerksamkeiten der Eltern erwehren. Die waren bisher immer recht billig zu haben – mehr als 10 Euro durfte das kleine Extra ja nicht kosten: geschenkLuxusschoki gegen eine Eins in Mathe darf schließlich nicht der Deal sein.

Jetzt hat die Bildungsverwaltung qua Verwaltungsvorschrift beschlossen: 30 Euro Geschenkwert sind auch noch okay. Und wenn Schulleitung und Schulaufsicht zustimmen, darf sogar der Präsentkorb für 50 Euro nach Hause mitgenommen und dürfen die Reste beim nächsten Schrottwichteln weiterverschenkt werden. Allerdings gelten diese neue Grenzen für den guten Geschmack nur, wenn mehrere Eltern zusammenlegen. Der Einzelschenker muss nach wie vor hoffen, mit Toffifee und Mon Chéri im Lehrergedächtnis zu bleiben.

„Die künftige Höchstgrenze für Geschenke“, befindet Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD), „ist eine lebensnahe Lösung für unsere Lehrkräfte“. SchülerInnen und Eltern erhielten so „eine praxistaugliche Spanne, um ihre Wertschätzung auszudrücken“. Hintergrund für die Neuregelung dürfte auch der Fall der Lehrerin sein, die im vergangenen Jahr eine Strafzahlung von 4.000 Euro entrichten musste – sie hatte eine Skulptur im Wert von 200 Euro angenommen.

In der Gunst der übrigen Landesbediensteten dürften die lieben KollegInnen Lehrkräfte indes nun eher sinken: Denn für Polizei und Feuerwehr bleibt die 10-Euro-Regel bestehen. Dabei blicken die ohnehin schon mit einem gewissen Sozialneid auf die Lehrerkaste, denn deren Einstiegsgehälter sind mit Abstand die höchsten. Man bedaure, dass es keine landeseinheitliche Lösung gebe, heißt es aus der Bildungsverwaltung.

Bedauerlich ist, dass man dieser Geschenkepraxis nicht einfach grundsätzlich einen Riegel vorschiebt. Denn wofür bedanken sich die Eltern eigentlich? Dafür, dass LehrerInnen versuchen, dem Nachwuchs etwas beizubringen? Das ist schlicht und ergreifend ihr Job. Ich erwarte für diesen Text übrigens auch keine Blumen. Meinen Job, die Toffifee-Schachteln zu vernichten, würde ich allerdings gerne an den Nagel hängen.

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