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Widerstand gegen Flüchtlingspakt wächst

EU-Politik Die Vereinbarung, die Bundeskanzlerin Merkel mit der Türkei anstrebt, steht auf wackligen Füßen

BRÜSSEL taz | Nach Bulgarien, Frankreich und Spanien hat nun auch Zypern massiven Widerstand gegen den Flüchtlingspakt mit der Türkei angekündigt. Laut EU-Ratspräsident Donald Tusk, der am Dienstag nach Nikosia geflogen war, um den EU-Gipfel am Donnerstag in Brüssel vorzubereiten, müssen bis dahin noch große Hürden genommen werden.

Zyperns Regierung werde eine Einigung so lange blockieren, bis die Türkei das EU-Mitglied offiziell anerkennt, so Präsident Nikos Anastasiades nach dem Treffen mit Tusk. Der Streit kreist dabei nicht um die Flüchtlingspolitik, sondern um die beschleunigten EU-Beitrittsverhandlungen, die die deutsche Kanzlerin Anglea Merkel dem türkischen Premier ­Ahmet Da­vu­toğlu versprochen hat. Gleich fünf neue Verhandlungskapitel sollen geöffnet werden; dafür ist Zyperns Zustimmung nötig.

Dazu zählt, dass zyprische Schiffe in türkischen Häfen einlaufen dürfen. Es geht aber auch um ein Ende der Teilung der Insel. Derzeit laufen Gespräche zwischen Nikosia und der von keinem EU-Staat anerkannten „Türkischen Republik Nordzypern“. Eine Wiedervereinigung nach 42 Jahren könnte Teil eines EU-Türkei-Deals sein.

Vorbehalte gegen den Flüchtlingspakt haben auch andere EU-Länder. Bulgarien fordert, dass auch Flüchtlinge, die über die bulgarisch-türkische Grenze eingereist sind, zurückgenommen werden. Hier will Tusk noch „nachbessern“. Bisher war nur die Rücknahme aller Flüchtlinge geplant, die auf griechischen Inseln anlanden.

Frankreich ist gegen eine vollständige Liberalisierung der Visumpflicht für Türken. Die ist jedoch die Hauptforderung der türkischen Regierung; sie möchte möglichst schon im Mai völlige Reisefreiheit für ihre Bürger. Das französische „Non“ wiegt daher schwer.

Der spanische Außenminister José Manuel García-Margallo sagte am Montag in Brüssel, jeder Flüchtling, der in der EU ankomme, müsse das Recht auf ein individuelles Asylverfahren haben. Die Menschenrechte seien „nicht verhandelbar“. Auch diesen Punkt, der von UNHCR, Amnesty International und anderen Menschenrechtsorganisationen geteilt wird, will Tusk aufgreifen.

„Wir müssen sicherstellen, dass alle (Flüchtlinge) eine individuelle Prüfung in Griechenland bekommen, bevor sie in die Türkei zurückgeschickt werden“, sagte Tusk. In einem Entwurf für den EU-Gipfel steht von diesen Rechten allerdings kein Wort. Der „Türkei-Plan ist eine Bankrotterklärung der Menschenrechte“, kritisierte der grüne Europaabgeordnete Sven Giegold auf Twitter.

Tusk und die EU-Kommission müssen also noch kleine Wunder vollbringen, wenn sie Merkels Türkei-Deal halbwegs legal und akzeptabel machen wollen. Viel Zeit bleibt ihnen dafür nicht mehr. Denn schon am Donnerstag beginnt der EU-Gipfel, am Freitag will Davutoğlu den Pakt in Brüssel unterzeichnen. In drei Tagen soll nun mit dem Brecheisen nachgeholt werden, was in Jahren nicht gelungen ist.

Und was passiert, wenn der Pakt scheitert? Darüber will man in Brüssel nicht einmal im Traum denken. Merkels Pakt wird auch hier als „alternativlos“ präsentiert. Allerdings gibt es einen „Plan B“ – nämlich die Vorlage, die Tusk für den letzten EU-Gipfel ausgearbeitet hatte und die Merkel und Davutoğlu dann einkassiert haben.

Er sah vor, dass nur „Wirtschaftsflüchtlinge“ – und keine syrischen Bürgerkriegsopfer – zurück in die Türkei geschickt werden. Rechtlich wäre dies wohl weniger problematisch als der Merkel-Davutoğlu-Plan. Ob sich die Türkei darauf heute noch einlassen würde, steht auf einem anderen Blatt. Wahrscheinlich ist es nicht. Eric Bonse

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