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Tanz um den Leser

HANDEL Mit welchen Strategien vermarkten Buchhändler ihre Ware? Drei Beispiele

Er ist inzwischen wohl so etwas wie eine Randgruppe: Der Leser, der Lust hat auf das gedruckte Buch – und der willens ist, dafür Geld auszugeben. Ein Streifzug durch drei Buchläden in Mitte, Prenzlauer Berg und Pankow zeigt: Es sind sehr ähnliche Strategien, mit denen die Buchhändler versuchen, dem potenziellen Kunden Lust aufs Lesen zu machen.

Wie Andreas Rötzer vom Verlag Matthes & Seitz setzen auch viele Buchhändler darauf, dass der Raum, den sie bespielen, ein Kommunikationsraum ist. Der Kunde soll nicht einfach nur Bücher kaufen, er soll denken: „Hier passiert’s“, wie Katharina von Uslar von der Buchhandlung Uslar & Rai es ausdrückt.

Sowohl Uslar & Rai in Prenzlauer Berg als auch die Buchdisko in Pankow und Ocelot in Mitte setzen stark auf Veranstaltungen – mindestens zwei im Monat. Krischa Hasselbach von der Buchdisko, eine kleine „Leidenschaftsbuchhandlung“, wo antiquarische Bücher neben neuen und Thriller neben Max Frisch stehen, setzt zudem vor allem auf das Gespräch mit dem Kunden. Ein Jahr lang war sie in der Stadt auf der Suche nach einem passenden Ort.

Jetzt gefällt ihr die Mischung ihrer Kunden im Florakiez. Da seien die, die vor den Mieten in den angrenzenden Szenebezirken geflüchtet sind, da sind Akademiker, die seit einem halben Jahrhundert hier leben – da sind Schüler, die in ihrem Laden ihre Freistunden verbringen. „Es waren auch schon welche dabei, die glaubten, dass sie keine Bücher mögen“, sagt Hasselbach. „Sobald man anfängt, mit ihnen über Inhalte zu sprechen, hat man sie aber schnell überzeugt, dass sie dazu auch die passenden Bücher lesen müssen.“

Ähnlich geht Uslar in ihrem Prenzlauer Berger Buchladen Uslar & Rai vor. „Zu uns kommen Leute, die zum Beispiel wissen wollen: ‚Habt ihr denn auch dieses neue Buch, das alle so gut finden? Ist das denn überhaupt so toll?‘ “ Im Grunde erfülle ihr Laden die Funktion eines Clubs – und in die schafft es ihre Klientel, meist um die 40, meist mit Kindern, eben nur noch selten.

Es geht um Teilhabe, sagt auch Buchhändler Ludwig Lohman vom Ocelot. „Hier geben sich Autoren, Filmemacher und Agenten die Klinke in die Hand.“ Namen möchte Lohmann "aus Diskretionsgründen" nicht nennen, nur soviel: Eine bekannte Jungautorin habe hier ihr Debüt geschrieben, das am Montag erscheint. „Ja, wir sind ein Buchladen“, sagt er. „Aber wir sind auch ein Begegnungsraum.“

Susanne Messmer

Uslar & Rai, Schönhauer Allee 43, Prenzlauer Berg

Ocelot, Brunnenstr. 181, Mitte

Buchdisko, Florastr. 37, Pankow

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