: Vorsicht, zerbrechlich!
Experiment Musiktheater sucht junge Ohren: „Kleines Stück Himmel“
Mit der Zielgruppe ist es natürlich so eine Sache. Ein Zuschauer in spe ist bereits vor Beginn der Vorstellung so fest auf dem Schoß seiner Mutter eingeschlafen, dass wohl nichts auf der Welt ihn jetzt wecken könnte. Vier weitere kleine Menschen fangen im Verlauf der halben Stunde, die das Stück dauert, an zu weinen, und müssen von ihren Eltern hinausgetragen werden. Aber mit etwas Schwund hatten die Mitwirkenden gerechnet und deshalb freundlich darauf hingewiesen, man dürfe ruhig hinausgehen und natürlich auch wieder hereinkommen.
An der Deutschen Oper, und das ist eine echte Premiere in der Stadt, wird nämlich erstmals Musiktheater für Kleinkinder gemacht. Für Zwei- bis Vierjährige, hatte in der Ankündigung gestanden, sei „Kleines Stück Himmel“ gedacht, von Ania Michaelis initiiert und inszeniert. Die spanische Komponistin Nuria Núňez Hierro hat die Musik geschrieben. Ania Michaelis ist ansonsten verbandelt mit dem kleinen Theater o.N., in dem das Stück im Mai auch noch zu sehen sein wird.
Ein Stück für Zweijährige also: Wenn man sich da ein klein wenig gelangweilt hat, liegt das möglicherweise daran, dass man eben nicht zur Zielgruppe gehört. Dass Kleinkinder noch keine Erwartungen an kulturell geformte Strukturen haben, davon geht die Regisseurin aus. Dementsprechend weist „Kleines Stück Himmel“ weder ein festes narratives noch ein durchgängiges musikalisches Gerüst auf. Drei Personen sind auf der Bühne: eine Schauspielerin (Minouche Petrusch), ein schauspielernder Musiker (Florian Bergmann in Begleitung seiner Bassklarinette) und ein Opernsänger (der Tenor Peter Maus). Das so wunderhübsche wiesparsame Bühnenbild besteht vornehmlich aus einem Himmel, der aus einzelnen Stofflamellen gefertigt wurde und dadurch verschiedene Varianten des Auf- und Abgangs ermöglicht.
Nur nicht zu viel
Ebenso sparsam ist das weitgehend sprachlose Geschehen auf der Bühne. Schauspielerin und Klarinettist führen, unter vielem „Bitte“ und „Danke“, einige Requisiten ein, vor allem ein paar Wassergläser verschiedener Größe und mit unterschiedlichem Füllstand – sowie ein paar goldene Kugeln, die auf den Saiten einer goldenen Fake-Harfe festgesteckt werden. Peter Maus platzt als Vogelmann in diese idyllische, aber ereignislose Zweisamkeit, macht ein bisschen Musik mit den Gläsern und zerbricht dabei eins davon, muss deshalb wieder gehen, darf aber schließlich wiederkommen und sogar noch ein paar wenige Töne singen. Abschließend singen alle drei zusammen auch noch ein paar Töne (aber wirklich nur ein paar, damit es niemandem zu viel wird).
Mehr passiert nicht, und das müsste es im Grunde auch gar nicht. Aber weil gleichzeitig so eine gewisse szenische Steifheit, eine von sehr viel gutem Willen getragene, aber doch nicht wegzuleugnende Bemühtheit über dem Ganzen liegt, stellt sich nicht der kindliche Theaterzauber ein, auf den man hätte hoffen können. Zu viel Vorsicht, um die ultrajunge Zielgruppeja nicht zu überfordern. Aber klar, es ist eine schwierige Gratwanderung. Katharina Granzin
Wieder am 23. + 24. März, 10.30 Uhr; 26. + 27. März,16 Uhr, in der Tischlerei der Deutschen Oper
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