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Umgang mit dem VW-SkandalIn Wolfsburg wachsen die Sorgen

Der Konzern fürchtet sich vor hohen Strafzahlungen. Die Bürger sind indes einer Studie zufolge unzufrieden mit der Aufklärung der Bundesregierung.

Dramatische Szene in Wolfsburg Foto: dpa

Berlin taz | Sorgen um die Sicherheit der Arbeitsplätze bei Volkswagen haben am Dienstag die Betriebsversammlung im Stammwerk Wolfsburg überschattet. „Sollte die Zukunftsfähigkeit von Volkswagen durch eine Strafzahlung in bislang einmaliger Höhe nachhaltig gefährdet werden, wird dieses auch dramatische soziale Folgen haben – nicht nur an unseren US-amerikanischen Standorten, sondern auch in Europa“, sagte VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh vor mehr als 20.000 Mitarbeitern. VW hoffe, dass die US-Behörden auch diese soziale Dimension im Blick hätten.

Konzernchef Matthias Müller rief alle Verantwortlichen zur Geschlossenheit bei der Bewältigung der Krise auf. „Trotz der unterschiedlichen Sichtweisen, die es in einem Unternehmen naturgemäß gibt, wissen wir: Das wird nur gemeinsam gehen.“

Die überwiegende Mehrheit der Deutschen ist indes unzufrieden damit, wie Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) mit dem Abgasskandal umgeht. Dies zeigt eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts TNS-Emnid im Auftrag von Greenpeace, deren Ergebnisse die Umweltschutzorganisation heute veröffentlichen will und die der taz vorab vorlagen.

Auf die Frage „Wie bewerten Sie die Aufklärungsarbeit von Verkehrsminister Alexander Dobrindt seit Bekanntwerden des Abgasskandals?“, antworteten 64 Prozent der Befragten mit „schlecht“ oder „sehr schlecht“. Knapp sechs Monate nach Beginn des Skandals habe der Bundesverkehrsminister noch immer keine Ergebnisse seiner Untersuchungen vorgelegt, so Greenpeace. Dobrindt verschleppe die Aufklärung des Skandals.

„Der Verkehrsminister muss endlich die Rohdaten seiner Nachmessungen veröffentlichen, damit das ganze Ausmaß des Branchenbetrugs offenbar wird“, sagte Greenpeace-Verkehrsexperte Daniel Moser. TNS-Emnid hatte zwischen 18. und 22. Februar dieses Jahres 1.007 Menschen befragt.

Vier von fünf Bundesbürgern wollen zudem, dass die betroffenen Diesel nach einer Umrüstung die Grenzwerte auch im Alltag einhalten. Auf die Frage nach ihren Erwartungen an die Rückrufaktion antworteten 82 Prozent der Befragten: „Die Motoren der Autos sollten so eingestellt werden, dass sie die geltenden Abgasgrenzwerte auch im Alltagsbetrieb einhalten“. Bislang werde bei den zurückgerufenen VW-Autos lediglich die illegale Software entfernt, während die im Alltag oft um ein Vielfaches zu hohen Stickoxidwerte nicht sinken.

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4 Kommentare

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  • Die einen hauen auf den Konzern drauf mit allem was sie dazu an juristischen Werkzeugen zurecht biegen können.

    Die anderen schauen weiterhin weg und passen dort wo sie nicht mehr wegschauen können die Abgasgrenzwerte an.

    Die soziale Dimension interessiert niemanden. Die US-Behörden interessiert es nicht, wenn VW rote Zahlen schreiben wird und wenn deshalb ein Fabriken von VW schließen werden und andere Hersteller dafür ein Fabriken woanders öffnen wird. Sie sind eher froh darum, wenn ihr Staat viel Geld über Strafen einnimmt und gleichzeitig u.a. die US-Hersteller davon profitieren.

    Die deutschen und europäischen Behörden interessieren sich auch nicht für die soziale Dimension. Sonst hätten sie die Umgehung der Grenzwerte nicht jahrlang geduldet - bekannt war das Verhalten von VW schon lange. Sie hätten Druck auf die Automobilhersteller ausgeübt, die Grenzwerte tatsächlich einzuhalten. Das wäre sozial gegenüber der Bevölkerung gewesen und im Endeffekt auch sozial gegenüber den Mitarbeiter_innen von VW.

    Hätte TTIP solche überbordenden Strafzahlungen verhindert? Es fände sich doch sicherlich ein Schiedsgericht, welches diese Strafzahlungen als unangemessen und investitionsfeindlich benennt und entsprechenden Schadensersatz fordert - oder sind diese Dinge davon ausgenommen. Da VW auch in Canada präsent ist, könnte es ja über die NAFTA-Schiedsgerichtsklausel klagen. Sind sie damit erfolgreich, würde TTIP in den USA vermutlich kippen...

    • 8G
      86548 (Profil gelöscht)
      @Velofisch:

      Bei Straftaten nützt auch TTIP nichts, denn solche Prozesse landen nicht vor Schiedsgerichten. Die USA geben den Unternehmen große Freiheiten. Ein bisschen schummeln wird gerade noch geduldet. Wer aber betrügt (und das auch noch zugibt, wie blöd von Winterkorn), der wird sehr hart bestraft. Es könnte bei VW an die Substanz gehen. Und dann springt die Steuerzahlerin ein, denn eine Rettung von VW ist bestimmt alternativlos.

  • 8G
    86548 (Profil gelöscht)

    Das wird es über Steuern (ein Blick in die Bilanz genügt) und Dividende, die an das Land Niedersachsen fließt.

  • "soziale Dimension... Das wird nur gemeinsam gehen"

    Ihr Ahnt sicher wo es hingehen soll. Schade das bei Gewinnen nicht auch so argumentiert geschweige den gehandelt wird.