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„Erst mal ‘n paar Schiffchen“

SCHIFFE Der Reeder Johann Lange wird 241 Jahre alt und plaudert über die Vulkan und Niels Stolberg

Johann Lange

geboren am 22.2.1775 in Vegesack, war Schiffbauer, Unternehmer und Reeder. Seine Werft gilt als Vorläufer der Bremer Vulkan-Werft.

taz: Herr Lange, alles Gute zum Geburtstag! Sie blicken ja auf reichlich Lebenserfahrung zurück – wie stellt sich denn aus Ihrer Sicht die Entwicklung der Reedereien in Bremen dar?

Johann Lange: Traurig, ganz traurig. Zu meiner Zeit hätt’s all das nicht gegeben. Ich selbst habe nicht einfach von einem auf den anderen Tag eine Reederei gegründet, sondern schön langsam mit meinen Söhnen erst mal ein paar Schiffchen gebaut, gleichzeitig eine Brennerei und Brauerei aufgebaut, eine Mühle betrieben, Seife hergestellt und Wale gefangen. Mischkalkulation hieß damals das Zauberwort!

Und damit waren Sie erfolgreich?

Aber ja! Ich hatte zeitweise über 600 Angestellte!

Sie haben 1841 von der hannoverschen Landesregierung eine Verdienstmedaille erhalten – wofür war die?

Die war dafür, dass ich meine Arbeiter krankenversichert habe – 40 Jahre vor Bismarck! Meine Leute haben jede Woche einen Groten gezahlt und haben dafür im Krankheitsfall Lohnfortzahlung und ärztliche Hilfe bekommen.

Ihre Werft gilt als Vorläufer der Bremer Vulkan. Warum?

Die Vulkan entstand ja aus der Fusion der Vegesacker Werften, zu denen meine gehörte. 225.000 Mark brachte damals der Verkauf des Bremer Teils der Langeschen Werft.

Der andere Teil war doch auch in Bremen...

Nein, der war in Grohn, und Grohn gehörte damals zum Gebiet des Königreichs Hannover.

Die Vulkan schien sich in den 80er-Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts auf Sie zurückzubesinnen, Stichwort: Mischkalkulation.

Ja, als Senator Hennemann auch andere Unternehmen in die Vulkan-AG holte. Geholfen hat’s dann aber nicht viel. Ich war wirklich traurig, als die Vegesacker Stammwerft stillgelegt wurde. Bloß Hennemann, der ist mit viel Geld fein raus gewesen, dieser Lump!

Genau so ein Lump wie Niels Stolberg?

Den Prozess gegen ihn verfolge ich ja sehr fasziniert und mit großem Interesse, muss aber zugeben, dass ich davon nur wenig verstehe: Früher wäre das alles nicht gegangen – vielleicht bin ich doch mittlerweile ein wenig zu alt geworden.

INTERVIEW: SCHN

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