: Zwei offene Protestbriefe
Unternehmensberatung KPMG rät, Leverkusen solle das Museum Morsbroich verkaufen
Für die automatisierte Industrie- und Dienstleistungsökonomie der Zukunft spielen Faktoren wie die Kulturausstattung der Städte eine maßgebliche Rolle bei der Standortfrage. Das sollte der Unternehmensberatung KPMG aus rein professionellen Gründen bekannt sein. Trotzdem schlägt sie vor, die Stadt Leverkusen solle das Museum Morsbroich schließen und die Sammlung verkaufen, um die städtischen Finanzen zu sanieren. Eine Intrige gegen die Interessen der Stadt? Inzwischen regt sich Protest.
Der Malerstar Gerhard Richter hat sich in einem offenen Brief gegen die Pläne verwahrt. Er schreibt an Oberbürgermeister Richrath, dass das Museum Morsbroich eine hoch angesehene Institution sei: „Seine vorbildliche Arbeit wird weit über die Grenzen des Landes hinaus wahrgenommen und geschätzt. Eine öffentliche Sammlung ist keine Geldanlage, die je nach Kassenlage geplündert werden kann. Sie ist ein Stück Kunstgeschichte und repräsentiert das Gedächtnis ihrer Träger.“ Entsprechend bittet er: „Bitte weisen Sie diese Überlegungen als Oberbürgermeister der Stadt Leverkusen unmissverständlich zurück. Ich würde mich freuen, auch zukünftig noch einen guten Grund zu haben, nach Leverkusen zu fahren.“
Auch die RuhrKunstMuseen veröffentlichten ihre Stellungnahme, in der stellvertretend für alle anderen Prof. Dr. Ferdinand Ullrich von der Kunsthalle Recklinghausen von der großen Bestürzung über den Vorschlag spricht, das traditionsreiche Museum Morsbroich zu schließen. In seinem Brief, adressiert an den Oberbürgermeister und seinen Kulturdezernenten, heißt es: „Letztlich bleibt die kulturpolitische Verantwortung bei Ihnen. Darum können Sie sich nicht herumdrücken. Sie müssen wissen, welchen Schaden Sie Ihrer Stadt antun, wenn Sie sie ins kulturelle Niemandsland katapultieren. Was soll man von einer Stadt halten, die ihre kulturelle Tradition verrät. Und diese ist, gerade was das Kunstmuseum in Ihrer Stadt angeht, von enormer Bedeutung.
Denn gerade das Museum Morsbroich ist nicht nur ein Ort, an dem die Bildende Kunst auf höchstem Niveau präsentiert wird, sondern es ist auch ein Ort der Begegnung und Bildung für alle. Das Museum ist eine zugleich kreative und intellektuelle Ressource für eine Zivilgesellschaft, die vor Ort verankert sein muss.
Ich kann im Namen der 20 RuhrKunstMuseen nur dringlich an Sie appellieren: Besinnen Sie sich auf Ihre kulturelle Tradition und denken Sie an Ihre kulturelle Zukunft! Legen Sie den Vorschlag ganz schnell zu den Akten und versuchen Sie, den Imageschaden, der schon entstanden ist, ganz schnell zu reparieren.“ Ja, so sieht gute Beratung in Wirklichkeit aus. Wbg
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