: Gutes Geld für digitale Daumen
Trendberufe IT-Spezialisten verdienen inzwischen ähnlich viel wie Juristen. Bereits zum Einstieg gibt’s ordentlich was aufs Konto. Der Standort spielt dabei aber auch eine Rolle
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von Ansgar Warner
Sie bringen „Business-Denke“ und einen „digitalen Daumen“ mit? Glückwunsch, denn um solche Bewerber „reißt sich die Wirtschaft“, wie die Wirtschaftswoche erst kürzlich schrieb. Um Bewerberinnen erst recht, denn derzeit kommt auf sechs männliche IT-Spezialisten nur eine Frau mit entsprechender Expertise. Wie wär’s also mit einem Job als „Big Data Scientist“, „Feel Good Manager“ oder „Chief Digital Officer“? Diese hippen Berufsbezeichnungen sind nicht nur nicht erfunden, sondern locken dem Blatt zufolge mit realen Jahresgehältern von bis zu 200.000 Euro, vor allem, wenn sie nahe am Unternehmensvorstand angesiedelt sind.
„IT-Spezialisten können inzwischen ähnliche Einkommen wie Juristen vorweisen, manche verdienen das Gleiche wie Chefärzte“, bestätigt Britta Matthes, Leiterin der Forschungsgruppe Berufliche Arbeitsmärkte am Nürberger Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Ein Ende dieses Booms sei noch gar nicht absehbar:„Betrachtet man die Geschwindigkeit der Digitalisierung in den letzten Jahren auf der einen Seite und die noch nicht ausgeschöpften digitalen Potenziale auf der anderen Seite, sind die Perspektiven in den IT-Berufen großartig, auch langfristig.“
Bereits zum Einstieg gibt’s ordentlich was aufs Konto. Ein aktuelles Ranking des Vergleichsportals Gehalt.de listet unter einem halben Dutzend Trendberufen digitale Professionen auf wie etwa „IT-Experte für Smart Cars“, „Cybersecurity Experte“ oder „Supply Chain Manager“. Die Verdienstspannen – bei denen Daten von Berufsanfängern mit bis zu drei Jahren Erfahrung berücksichtigt wurden – reichen hier immerhin von 35.000 bis 58.000 Euro pro Jahr.
Das Ende der Fahnenstange ist noch längst nicht erreicht. „Wir erwarten auch für die folgenden Jahre starke Gehaltssteigungen in der IT. In 2016 gehen wir von einem Wachstum von drei bis vier Prozent aus“, berichtet Gehalt.de-Geschäftsführer Philip Bierbach. Der Standort spielt beim Verdienst aber auch eine Rolle. Spitzenreiter ist Frankfurt am Main, in der Bankenmetropole lockt die Finanzwirtschaft mit attraktivem Salär. Dicht dahinter liegen München und Stuttgart. Hier sorgen Automobilindustrie und Maschinenbausektor für die Nachfrage in puncto IT-Experten.
Während die von den Arbeitgebern geforderten Inhalte hypermodern sind, bleiben die Arbeitsbedingungen der Old Economy verpflichtet, meist geht’s nämlich um Vollzeit-Angestelltentätigkeit mit fester „Dienststelle“. „Die Anteile von Freelance-Arbeiten liegen in Deutschland noch weit unter den amerikanischen“, so IAB-Forscherin Matthes. Was nicht nur mit einem Nachholbedarf zu tun habe: „Klassische Beschäftigungsverhältnisse haben eben auch ihre Vorteile. Nicht nur dass der Aufwand, den man betreiben muss, um Freelancer für einen bestimmten Auftrag zu finden, groß ist. Vor allem sind die betrieblichen Bedürfnisse oft so spezifisch, dass wichtiges Wissen weitergegeben werden müsste, um eine gute Lösung für ein bestimmtes Problem zu finden.“ Angestellte Informatiker würden sich auch eher mit dem Unternehmen identifizieren. Im Kampf um die besten Köpfe gehe es letztlich darum, die raren Talente ans Unternehmen zu binden.
Welche Nachfrage die dritte industrielle Revolution auf dem Arbeitsmarkt erzeugt, beweist eine Statistik des Branchenverbandes Bitkom: Aktuell sind in deutschen IT- und Telekommunikationsunternehmen eine Million Menschen beschäftigt. „Damit ist die Branche der zweitgrößte industrielle Arbeitgeber in Deutschland“, so Bitkom-Präsident Dieter Kempf. Nummer eins bleibt der Bereich Maschinenbau. Symptomatisch für den Siegeszug der Informationstechnik ist aber, dass auch in solchen klassischen Branchen immer mehr IT-Experten gefragt sind und Software-Anbieter oder IT-Dienstleister mit dem Rest der Wirtschaft um die Fachleute konkurrieren. Mehr als die Hälfte der Vakanzen melden laut Bitkom mittlerweile hiesige IT-„Anwenderunternehmen“, die in der klassischen Industrie angesiedelt sind.
Wie schnell sich IT-spezifische Berufsbilder dort etablieren, zeigt die wachsende Bedeutung der Dualen Ausbildung: „Vor allem die enge Verknüpfung von theoretischer Ausbildung an den Berufsschulen mit der praktischen Ausbildung in den Betrieben machen dieses Modell so attraktiv“, betont IAB-Forscherin Matthes. „Schon während der Ausbildung kann betriebsspezifisches Wissen vermittelt werden, was die spätere Einarbeitung unnötig macht, und das Lernen geschieht an konkreten Problemen.“ Nicht zuletzt könnten Neueinsteiger auf diese Weise auch schneller herausfinden, ob der gewählte Beruf zu ihnen passt.
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