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Für und gegen Euro-Finanzchef

KRISE Bundesbank-Chef Weidmann legt Reformen der Eurozone vor – und rudert gleich danach wieder zurück. Wurde er vom deutschen Finanzminister zurückgepfiffen?

Von Eric Bonse

BRÜSSEL taz | Wie geht es weiter mit der Eurozone? Nach dem Beinahe-Rauswurf Griechenlands 2015 konnten sich die EU-Chefs bisher nicht auf eine Antwort einigen. Nun versuchen zwei Notenbankpräsidenten eine Antwort – und scheitern auch. Zwar sind sich Bundesbank-Präsident Jens Weidmann und sein französischer Amtskollege Villeroy de Galhau einig, dass an den Sparauflagen nicht gerüttelt werden soll. In einem Gastbeitrag für die Süddeutsche Zeitung wünschten sie sich am Montag auch einen Euro­finanzminister. Doch dann ruderte Weidmann plötzlich wieder zurück.

„Ich sehe gegenwärtig keine politischen Mehrheiten für eine solche zentrale Lösung“, sagte Weidmann nur wenige Stunden nach der Veröffentlichung der konservativen FAZ. Dabei war der gemeinsame Finanzminister der Clou an dem deutsch-französischen Reformpapier. Da die Eurounion „am Scheideweg“ stehe, müssten die 19 Mitglieder noch enger zusammenarbeiten, heißt es darin.

Dazu sollten die Euroländer „in erheblichem Maß“ Souveränität abgeben, fordern Weidmann und de Galhau. Dann könne man auch über die Schaffung eines gemeinsamen Finanzministeriums nachdenken und einen unabhängigen „Fiskalrat“ gründen. Sogar „­politische Entscheidungen“ mit „parlamentarischer Kontrolle“ sollen möglich sein. All das hatte in Eurokrise und Schuldenstreit um Griechenland gefehlt. Viele Entscheidungen waren zuerst im Bundesfinanzministerium in Berlin gefallen und dann von der Eurogruppe in Brüssel abgesegnet worden. Das Europaparlament blieb außen vor, der Bundestag konnte die Spar­diktate nur noch abnicken.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) steht einem autonomen Eurofinanzminister auch heute noch skeptisch gegenüber. Viel lieber würde er eine unabhängige Behörde nach dem Vorbild des Bundeskartellamts aufbauen, die den Eurostaaten bei Budgetdefiziten auf die Finger klopft. Wer Brüssel mehr Macht geben wolle, müsse dafür die EU-Verträge ändern, sagte eine Schäuble-Sprecherin in Berlin. Dies sei aber eine „langfristige Debatte“.

„Ich sehe keine politischen Mehrheiten“

Jens Weidmann, Bundesbank-präsident, zu seinem eigenen Vorschlag

Vielleicht ist das auch der Grund, weshalb Weidmann sich gleich wieder von seinem Papier distanzierte. Es gelte „unverändert der auf dem Prinzip der Eigenverantwortung basierende Rahmen des Maastricht-Vertrages“, stellte der ehemalige Kanzlerinnenberater klar. Alles andere sei (französisches) Wunschdenken.

Dabei liegt sein Papier schon jetzt weitgehend auf Schäuble-Linie. Ein unabhängiger „Fiskalrat“ erinnert stark an die Idee aus dem Schäuble-Ressort. Dieser soll Länder wie Frankreich an die Kandare nehmen, die immer wieder die Drei-Prozent-Regel des Maastricht-Vertrags verletzen. Doch wer geht gegen Länder wie Deutschland vor, die seit Jahren wachsende Leistungsbi­lanzüberschüsse erwirtschaften und damit die Defizite in anderen Euroländern mitverursachen? Dazu sagen Weidmann und de Galhau nichts. Auch zu den sozialen Folgen der Eurokrise und der anhaltenden Austeritätspolitik schweigen sie sich aus.

„Es ist wieder die gleiche Leier von Strukturreformen, ohne Vorschläge gegen die wachsende soziale Ungleichheit“, kritisiert der grüne Europaabgeordnete Sven Giegold. Auch vom Linken-Finanz­experten Fabio De Masi kommt Kritik: „Die Euro-Zone braucht keine neuen Minister, sondern eine andere Wirtschaftspolitik“. Die beste Schuldenbremse wäre eine EU-weit koordinierte Vermögensabgabe für Millionäre.

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