: Hauptsache, abgeschoben
VÖLKERRECHT Kanzleramtsminister setzt auf das Rücknahmeabkommen mit der Türkei auch für Flüchtlinge aus Drittstaaten
Konkret geht es dabei um zwei unterschiedliche Probleme. Da sind zum einen Syrer, die in Deutschland als Flüchtlinge anerkannt sind, dann aber straffällig werden. Nach dem geplanten verschärften Ausweisungsrecht können sie ihre Asylanerkennung und ihr Aufenthaltsrecht künftig schon dann verlieren, wenn sie zu einer Bewährungsstrafe verurteilt wurden. Die Abschiebung nach Syrien ist wegen des dortigen Bürgerkriegs dann aber nicht möglich. Hier könnte die Überstellung in die Türkei eine Alternative sein – falls der Syrer einst auf diesem Weg in die EU eingereist ist.
Anders ist die Lage bei straffälligen Algeriern und Marokkanern. Diese haben in der Regel keine Aussicht auf Schutzgewährung in Deutschland. Sie müssen also früher oder später ausreisen, selbst wenn sie keine Straftaten begehen. Hier scheitert die Abschiebung an praktischen Problemen. Die Betroffenen haben keine Papiere, verschleiern ihre Identität und die Botschaften sind wenig kooperativ bei der Ausstellung von Ersatzpapieren. Auch hier könnte der Transfer in die Türkei eine Alternative sein – wenn die jeweilige Person einst über die Türkei und Griechenland nach Europa eingereist ist.
Tatsächlich gibt es bereits ein Rückübernahmeabkommen der EU mit der Türkei aus dem Jahr 2012. Dort verpflichtet sich die Türkei, nicht nur ihre eigenen Bürger wieder aufzunehmen, wenn diese in der EU ausreisepflichtig sind, sondern auch „Drittstaatenangehörige“, also zum Beispiel Syrer oder Algerier. Das Abkommen trat 2014 in Kraft, bezüglich der Drittstaatsangehörigen soll es allerdings erst 2017 gelten.
Inzwischen verhandelt die EU mit der Türkei darüber, die Rücknahmepflicht für Flüchtlinge vorzuziehen, so dass sie schon im Sommer 2016 gelten würde. Die Türkei hält sich bisher aber eher zurück, weil es bei der Gegenleistung – Fortschritte bei der Reisefreiheit von Türken in die EU – nicht recht vorangeht.
Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl kritisiert das Abkommen grundsätzlich. Überstellungen in die Türkei seien unzulässig, weil die Türkei für Flüchtlinge nicht sicher ist. Regelmäßig würden zum Beispiel syrische Flüchtlinge in ihr Herkunftsland zurückgeschickt.
Christian Rath
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