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"Fehler werden bagatellisiert"

Recht Die Deutsche Bank ist kein Einzelfall, sagt Caspar von Hauenschild von Transparency International. Es hapere am Fehlermanagement

Foto: Transparency
Caspar von Hauenschild

Der 68-jährige Unternehmensberater ist Vorstandsmitglied bei Transparency International Deutschland. Zuvor war er 30 Jahre als Banker tätig, unter anderem für die HypoVereinsbank und die Bayerische Vereinsbank.

taz: Herr von Hauenschild, die Deutsche Bank muss noch mehr Milliarden für Strafen und Rechtskosten für 6.000 juristische Verfahren weltweit ausgeben als gedacht. Ist die Bank eine kriminelle Vereinigung?

Caspar von Hauenschild: Nein, die Deutsche Bank ist keine kriminelle Vereinigung. Aber sie hat den Kulturwandel, den sie vor Jahren versprochen hat, nicht geschafft. Sie wird insgesamt schätzungsweise zwischen 5 und 10 Milliarden Euro an Rechtskosten haben. Sie hätte nach Bekanntwerden der ersten Verstöße 2008 ein Fehlermanagement einführen müssen. Aber sie hat nicht analysiert, wer für welche Vorfälle verantwortlich ist. Sie hat erst vor drei Jahren darüber geredet und mit der Aufarbeitung nur zum Teil angefangen.

Wie kann es geschehen, dass bei Rechtsverstößen in so einem drastischen Ausmaß die Aufsichtsbehörden nicht einschreiten?

Die Aufsichtsbehörden haben sich nicht für die Führungskultur der Bank verantwortlich gefühlt. Die Frage der Führungskultur ist nicht primär eine aufsichtsrechtliche Sache. Aber das ändert sich gerade. Die Finanzaufsicht BaFin hat erklärt, dass sie sich in Zukunft auch die Führungskultur der Unternehmen ansehen wird.

Ist die Deutsche Bank ein Einzelfall?

Nein. Bei allen großen europäischen und amerikanischen Banken ist es zu ähnlichen Rechtsverstößen gekommen. Einer Studie zufolge sind internatio­nal 300 Milliarden Dollar an Bußgeldern und Rechtskosten gezahlt worden.

Geht es auch in der Industrie so zu?

Im Bankgeschäft gelten besondere Bedingungen, weil es sehr komplex und reguliert ist. Das ist in der Industrie nicht der Fall. Viele Unternehmen sind besser aufgestellt in Fragen des Fehlermanagements. Aber wenn man sich den Fall VW anschaut: Der Grund, warum es zu dem Betrug dort gekommen ist, hat etwas mit Führungskultur zu tun. Das gilt etwa für das Schweigegelübde der Mitarbeiter.

Was muss sich ändern, damit so etwas wie bei der Deutschen Bank nicht noch mal passiert?

Die Unternehmen müssen mit einem richtig guten Fehlermanagement Prozesse analysieren, die zu solchen Verstößen führen. Das müssen sie nach innen und nach außen kommunizieren. Unternehmen dürfen Verstöße nicht bagatellisieren – gerade in der Kommunikation nach innen wird viel bagatellisiert. Und die ­Aufsichtsbehörden müssen sich darum kümmern, dass ein ­Monitoring dieses Prozesses stattfindet.

Interview Anja Krüger

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