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Was wusste der Verfassungsschutz?

NSU-Prozess Nach Aussage von Zschäpe und Wohlleben rückt der Geheimdienst wieder in den Fokus

Wurde die NSU-Mordwaffe mit Staatsgeld gekauft? Das ist nicht völlig abwegig

MÜNCHEN taz | Tino Brandt, sagte Beate Zschäpe am Donnerstag im NSU-Prozess, „hatte überall seine Finger im Spiel“. Er habe ihnen Benzingeld für Fahrten zu Aufmärschen bezahlt, habe sie mit Flugblättern versorgt. Noch im Untergrund habe Brandt Kontaktadressen nach Südafrika vermittelt.

Brandt, immer wieder Brandt. Der Neonazi war einst Anführer des rechtsextremen „Thüringer Heimatschutzes“, war Bekannter des späteren NSU-Trios um Zschäpe – und V-Mann des Verfassungsschutzes. Schon bei ihrer ersten Einlassung im Dezember hatte Zschäpe Brandt als „Mittelpunkt aller Aktionen“ der damaligen rechtsextremen Szene in Thüringen bezeichnet.

Und der Mitangeklagte Ralf Wohlleben legte nach: Er gehe davon aus, dass Brandt den ­Unterschlupf des Trios kannte, über ihn wäre ein Auffinden möglich gewesen, schilderte er in seiner Aussage. Auch dürfte das Geld für die NSU-Mordwaffe von dem Spitzel gekommen sein.

Die Aussagen nähren erneut einen ungeheuren Verdacht: War der Verfassungsschutz näher am NSU-Trio dran als bisher zugegeben? Lieferte er indirekt gar das Geld für eine Waffe, mit der später neun Menschen getötet wurden? Wieder gerät die Behörde in den Fokus des NSU-Versagens.

Für Mehmet Daimagüler, Anwalt der Familien der Nürnberger NSU-Opfer Abdurrahim Özüdoğru und Ismail Yaşar, muss der Waffenverdacht „dringend überprüft“ werden. Dieser sei „nicht ganz unplausibel“. ­Daimagüler erinnert daran, dass Brandt selbst ausgesagt habe, er habe dem Trio Geld aus V-Mann-Honoraren gegeben. „Allein, dass es im Bereich des Möglichen ist, dass mit Staatsgeld die NSU-Mordwaffe gekauft wurde, ist ungeheuerlich.“

Auch Petra Pau, Linken-Obfrau im neuen NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestags, spricht von einem „schwerwiegenden Verdacht“. Der Fall Tino Brandt und die Rolle des Verfassungsschutzes werde auch deshalb noch einmal Thema im Ausschuss. „Gerade Brandt hatte ja Unsummen vom Verfassungsschutz kassiert“, so Pau. Auch sei zu klären, warum trotz Brandt und weiterer V-Leute eine Festnahme des Trios scheiterte.

Klar ist aber auch: Für Wohlleben und Zschäpe ist der Zug, Brandt zu belasten, auch Strategie – den Fokus weg von sich zu lenken, hin zu den staatlichen NSU-Verstrickungen. Denn für die Ankläger in München ist klar, woher etwa das Geld für die NSU-Mordwaffe kam: von Wohlleben.

SPD-Obmann Uli Grötsch schenkt beiden deshalb keinen Glauben: Die Ceska-Beschaffung sei „hinreichend aufgeklärt“, der Ausschuss müsse sich um anderes kümmern. ­„Zschäpe und Wohlleben stehen in bester Nazi-Tradition, wenn sie die Schuld von sich weisen und Brandt beschuldigen, ansonsten aber keinerlei Interesse an der Aufklärung haben.“ Diese vorgebliche Unschuldsrolle, so Grötsch, sei „geradezu erbärmlich“. Konrad Litschko

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