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Köln als Vorwand

Übergriffe Abschiebungen und Residenzpflicht: Die CDU macht angesichts der Übergriffe in der Silvesternacht gegen Flüchtlinge mobil

„Ich finde es widerlich, Köln als Vorwand zu nehmen, um Zuwanderung zu kritisieren“

Björn Tschöpe, SPD-Fraktionschef

Sexualisierte Gewalt an Silvester in Köln und Hamburg – aber wie sah es in Bremen aus? Hier gab es in der Silvesternacht hauptsächlich Taschendiebstähle und Körperverletzungen, sagte Bremens Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) am Mittwoch in der Bürgerschaft. „Die Polizei war an den Brennpunkten massiv vor Ort."

Die CDU-Fraktion hatte die Silvester-Vorfälle zum Thema einer aktuellen Stunden gemacht und schärfere Abschiebegesetze gefordert, vor allem für delinquente Flüchtlinge. Es wurde hitzig: SPD, Grüne und Linke kritisierten den Vorstoß.

Der Innensenator setzt nach wie vor auf "Deeskalation." Aufgrund einer Vielzahl von unbearbeiteten Asylanträgen und Schlangen vor der Flüchtlingsbehörde, seien Abschiebungen „kein Thema, das wirklich zu einer Lösung beiträgt“, sagte er. Denn bei jenen Menschen ist noch überhaupt nicht geklärt, ob sie bleiben dürfen.

Problematisch sei, so Mäurer, dass unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge häufig „ihre Identität verschleiern und ihre Papiere vernichten“. Eine Abschiebung in Staaten wie Marokko oder Algerien würde so erschwert. Die Verhandlungen der Bundesregierung über Rückführungen mit diesen Ländern begrüße er.

Insgesamt hat Bremen im vergangenen Jahr 22 Geflüchtete abgeschoben. Der CDU ist das zu wenig: Geflüchtete sollten, „sofern sie Werte und Normen nicht einhalten, abgeschoben werden“, erklärte Fraktions-Sprecherin Rebekka Grupe gegenüber der taz. Mit Straftaten und sexuellen Übergriffen hätten sie ihr „Gastrecht verwirkt.“

CDU-Innenpolitiker Wilhelm Hinners brachte in der Debatte die Einführung der Residenzpflicht wieder ins Gespräch, um einer „Ghettoisierung“ in den Großstädten entgegenzuwirken. Flüchtlinge sollten danach an den ihnen zugewiesenen Orten bleiben.

Für die SPD ist dies eine Instrumentalisierung der Übergriffe gegen Frauen: „Ich finde es widerlich und abstoßend, Köln als Vorwand zu nehmen, um pauschal Zuwanderung zu kritisieren“, sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende Björn Tschöpe. Seine Parteigenossin Sascha Aulepp erklärte: „Wir wollen ein klares Signal, dass gegen Übergriffe vorgegangen wird, egal aus welchen Kulturkreis die Täter kommen.“

Die Linken-Fraktionsvorsitzende Kristina Vogt plädierte für die Verschärfung des Sexualstrafrechts und die Aufklärung von Sexualdelikten: "Übergriffe auf Frauen bei Großveranstaltungen sind nicht neu", sagte sie, "sondern nur deren hohe Zahl in der Silvesternacht. „Schwachsinn“, entgegnete Thomas Röwekamp (CDU). jso

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