: Es wird spannend
Kommentar
von Claudius Prößer
Geisel zum Fahrrad-volksentscheid
Warum differenzieren, wenn’s schön einfach geht? Mit knackigen Vorwürfenhat Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel die Initiative „Voksentscheid Fahrrad“ und ihre Forderungen abgekanzelt. Die Schreckensvision einer durch Partikularinteressen lahmgelegten Stadt malt der oberste Chef des Berliner Verkehrs an die Wand und schließt daraus, so etwas könne er nicht unterstützen. Punkt.
Ob eine Strategie dahintersteckt? Natürlich kann Geisel viele seiner WählerInnen mit dieser „Klare Kante gegen Radspinner“-Masche bedienen, gerade die kleinbürgerliche Klientel ist nicht unbedingt pedalkraftverliebt. Andererseits könnte sich hier nicht weniger als ein neuer Frontenkrieg à la Tempelhofer Feld entwickeln: „Gefährlich“ wird es bei direkter Demokratie immer dann, wenn die Abstimmenden das Gefühl haben, ihr Kreuzchen nicht nur für ein bestimmtes Anliegen, sondern auch gegen die Arroganz der Regierenden zu leisten. Insofern sollte der Senat im eigenen Interesse vielleicht diplomatischere Töne anschlagen.
Interessant wird der Volksentscheidsprozess allemal. Die gesellschaftliche Gruppe der Radfreundlichen ist in den vergangenen Jahren rasant gewachsen, und es sind eben nicht nur jene, die sich tatsächlich regelmäßig auf den Sattel schwingen: Auch Menschen ohne Auto können einer Entmotorisierung der Stadt viel abgewinnen und, ja, auch viele, die selber Auto fahren, aber deren Selbstbewusstsein nicht proportional zur PS-Zahl wächst.
Ihnen gegenüber steht eine immer noch machtvolle gesellschaftliche Fraktion, die breite Fahrradspuren oder gar -straßen für Ökoquatsch hält. Spätestens wenn das angestrebte Fahrrad-Gesetz konkreter wird und sich daraus ablesen lässt, dass dafür Parkplätze in großer Zahl wegfallen müssten, werden auch sie mit grimmiger Miene an die Wahlurnen rollen.
Sollte dann auch noch der Senat aufwachen und einen abgeschwächten Gesetzentwurf als Alternative zur Abstimmung stellen, wird es richtig spannend. Wir bleiben für Sie dran.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen